Die Gefahr lauert im Boden

In bundeseigenen Mietwohnungen in Euren lauern möglicherweise seit Jahren gefährliche Schadstoffe. Das geht aus einem Schreiben des Bundesvermögensamtes hervor.

Trier. Ein dem TV vorliegendes Schreiben des damaligen Bundesvermögensamtes, heute heißt die Behörde "Bundesanstalt für Immobilienaufgaben", belegt, dass der Bund die nach dem Abzug der französischen Streitkräfte übernommenen Wohnungen in der Schalkenbachstraße und der Straße "Im Geimersfeld" in Trier-Euren nicht gezielt von möglichen PAK-Belastungen befreit hat. Die Begründung: Es fehlen gesetzliche Richtwerte, an denen man sich orientieren könnte.Sie sind mikroskopisch klein und äußerst gefährlich: Das Kürzel PAK steht für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Die Fachliteratur bezeichnet einige PAK als "nachweislich Krebs erzeugend", als gefährlichste Substanz dieser Gruppe gilt Benzoapyren (BaP). In Gebäuden tauchen PAK in teer- und pechhaltigen Klebstoffen und Farben unter Parkett und Fußbodenbelägen auf. Ein Auszug aus der Internet-Datenbank der Enuis AG aus Nürnberg: "Viele PAK wirken giftig auf das Immunsystem und die Leber, schädigen das Erbgut und reizen die Schleimhäute." "Sicherlich können mögliche Gesundheitsrisiken, möglicherweise durch das Vorhandensein von PAK im Parkettbodenkleber, nicht gänzlich ausgeschlossen werden", schreibt ein Sachbearbeiter des Bundesvermögensamtes in einer Mitteilung vom 17. September 2001. "Ohne gesetzliche Grundlage ist es aber nicht vertretbar, umfassende und kostenträchtige PAK-Sanierungen durchzuführen. Daher werde ich geplante gezielte PAK-Sanierungen nicht mehr durchführen."Fachlabor stellte Belastung fest

Der TV konfrontiert die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit diesen Fakten. Fachgebietsleiter Lothar Hermes verweist auf die Untersuchung eines Fachlabors im Jahr 2000. Und tatsächlich hat man Benzoapyren festgestellt. "Bei einer ersten Untersuchung lagen einzelne Werte in einigen Mieteinheiten Im Geimersfeld 4 höher als zehn Milligramm pro Kilogramm. Bei einer Nachbeprobung lagen die Ergebnisse dann deutlich unter diesem Wert." Auch Hermes betont, dass "keine Gefahrenschwelle festgelegt wurde, von der an Maßnahmen nach dem Auftreten von PAK bei Parkettböden mit Teerklebstoffen zwingend geboten sind."Zwingend möglicherweise nicht, doch es gab recht deutliche Empfehlungen, was Hermes auch einräumt. So hat die Projektgruppe Schadstoffe der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz empfohlen, bei BaP-Konzentrationen von mehr als zehn Milligramm pro Kilogramm "expositionsmindernde Maßnahmen" einzuleiten. Dennoch sah der Bund in Euren "keinen Handlungsbedarf", obwohl die erste PAK-Messung im Haus "Im Geimersfeld 4" mehr als zehn Milligramm Benzoapyren pro Kilogramm ergab.Das Schreiben vom September 2001 beweist zudem, dass der Bund auch ein Jahr nach dieser angeblich entlastenden Messung die Gefährdung der Mieter durch PAK für möglich hielt, aber nicht eingreifen wollte, weil er keine konkreten gesetzlichen Vorgaben sah.Hans-Alwin Schmitz (UBM), Ortsvorsteher von Euren, ist empört. "Es geht hier um die Gesundheit der Menschen", sagt er im Gespräch mit dem TV. "Viele in diesem Teil Eurens sind krank. Auch ohne konkrete gesetzliche Richtlinie muss der Bund den Schutz der Mieter in den Vordergrund stellen. Die verdächtigen Böden müssen komplett raus." Meinung Wie der übelste Miethai Es könnte sein, dass einer unserer Mieter krank wird. Es könnte sein, dass in unseren Wohnungen in Euren Schadstoff-Konzentrationen auftreten, die den Ausbruch eines Krebsleidens bewirken. Aber solange uns das Gesetz nicht dazu zwingt, die Fußböden auszuwechseln, werden wir es auch nicht tun. So denkt offenbar der Bund und verabschiedet sich damit von jeglicher Fürsorgepflicht oder Moralität. Eine einmalige Messung im Jahr 2000 sagt nichts darüber aus, wie Raumtemperatur, Staubkonzentration oder Luftfeuchtigkeit die von den PAK ausgehende Gefahr für den menschlichen Organismus beeinflussen. Sie lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob und wie sehr sich die Benzoapyren-Konzentration erhöht hat. Der Bund muss die Schande tragen, den übelsten Miethai noch in den Schatten zu stellen. j.pistorius@volksfreund.de

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