Die Karl-Marx-Viezporz lässt auf sich warten

Keine rote Viez-Porz, keine Aufführung des "Kommunistischen Manifests" als Chorwerk im Theater - die Stadt tut sich schwer mit 125. Todestag ihres großen Sohnes Karl Marx (14. März). Die Friedrich-Ebert-Stiftung würdigt das Jubiläum mit einer prominent besetzten Podiums-Diskussion.

 Liegt auf Eis: Die rote Porz mit Marx-Konterfei.TV-Fotos: Roland Morgen, Archiv; Fotomontage: TV-Grafik/Birgit Keiser

Liegt auf Eis: Die rote Porz mit Marx-Konterfei.TV-Fotos: Roland Morgen, Archiv; Fotomontage: TV-Grafik/Birgit Keiser

Trier. Das hatte sich das Kreativ-Team der Tourist-Information Trier (TIT) fein ausgedacht: Eine Viezporzen-Sonderedition zum 125. Todestag von Karl Marx wollten die Fremdenverkehrs-Spezialisten auflegen, streng limitiert und in rot. Der Erfolg des Souvenirs wäre garantiert: Als die TIT im vergangenen Jahr erstmals originell "gestylte" Porzellanbecher (nicht nur) für Apfelwein anbot, löste sie damit einen echten Boom aus. "Manifest"-Aufführung klammheimlich abgeblasen

Mit bislang mehr als 2500 verkauften Exemplaren avancierten die Porzen zum Renner im TIT-Souvenir-Shop und verzückten Einheimische wie Touristen.Der Auftrag zur Produktion der Marx-Porzen war schon so gut wie vergeben an die Speicherer Firma Plein, da kam das Veto aus dem Rathaus. "Es gibt Bedenken, dass eine Marx-Porz zum 125. Todestag als falsches Signal oder als Verunglimpfung verstanden werden könnte", sagt TIT-Chef Hans-Albert Becker.Eine solche Mutmaßung ist nicht ganz von der Hand zu weisen - denn würde sie nun aufgelegt, dann wäre die Marx-Porz der einzige originäre Beitrag der Stadt zum Gedenktag ihres großen Sohnes. Denn das ursprünglich geplante Großprojekt der Aufführung des personalintensiven Mammutwerks "Das Kommunistische Manifest" des tschechischen Komponisten Erwin Schulhoff (1894 bis 1942) im Stadttheater ist klammheimlich wieder abgeblasen worden. Es habe finanzielle und organisatorische Probleme gegeben, mussten Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink und Intendant Gerhard Weber auf SPD-Anfrage im Stadtrat einräumen. So ganz ohne Erinnerung an den Weltveränderer muss seine Geburtsstadt Trier nicht auskommen. Dafür sorgt Beatrix Bouvier (63), Leiterin von des Studienzentrums Karl-Marx-Haus (Johannisstraße) und des als Museum dienenden Geburtshauses (Brückenstraße); eine Doppel-Einrichtung in Trägerschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung. Pünktlich zum 125. Todestag findet am Freitag, 14. März, 20 Uhr, im Casino am Kornmarkt eine öffentliche Podiums-Diskussion zum Thema "Was bleibt? Karl Marx heute" statt. Große Zugnummer dürfte die aus Ost-Berlin stammende "bekennende Marxistin" und Europa-Parlamentarierin Sahra Wagenknecht (38) sein. Außerdem auf dem Podium: die Professoren Rudolf Hickel (Bremen), Johano Strasser (Berg am Starnberger See) und Klaus Ziemer (Deutsches Historisches Institut Warschau); es moderiert Rochus Groß vom SWR Mainz.Eine feierliche Gedenkveranstaltung wird das garantiert nicht werden: "Auch zum Jubiläum eignet sich Marx nicht für eine Festrede", sagt Beatrix Bouvier. Der Todestag sei Anlass, der Frage nachzugehen, was von dem streitbaren und stets umstrittenen Denker heute bleibt, welche Denkanstöße er - befreit von Verkrustungen - geben könnte und in welcher Weise er und sein Werk eine neue Herausforderung darstellen. Dieser Frage geht auch ein Workshop nach, der vom 14. bis 16. März in Zusammenarbeit mit der Uni Trier im Karl-Marx-Haus stattfindet. Dort folgt am Montag, 5. Mai, eine weitere Jubiläumsveranstaltung, diesmal multifunktionaler Art. Die Anlässe 190. Marx-Geburtstag, 80. Jahrestag des Kaufs des Geburtshauses durch die SPD und 40. Jahrestag der Übernahme durch die Ebert-Stiftung würdigen Beatrix Bouvier und ihr Team mit einem "Trier-zentrierten Tag der offenen Tür".Den roten Karl-Marx-Viezporz soll es - wenn sich der Jubiläums-Trubel gelegt hat - auch irgendwann geben. Er werde, so heißt es augenzwinkernd bei der TIT, "selbstverständlich auch für Linkshänder geeignet" sein.Extra Karl Marx wird am 5. Mai 1818 im Haus Brückenstraße 10 geboren, das heute als Museum dient. Wenige Monate nach der Geburt zieht die Familie um in die Simeonstraße. Nach dem Abitur am Trierer Gymnasium (heute Friedrich-Wilhelm-Gymnasium) studiert Karl Marx in Bonn und Berlin Jura und Philosophie. 1843 heiratet er seine Jugendfreundin Jenny von Westfalen. Im Revolutionsjahr 1848 veröffentlicht er gemeinsam mit Friedrich Engels "Das Kommunistische Manifest" ("Proletarier aller Länder, vereinigt euch!") auf das sich später die kommunistischen Regime berufen. Sein Hauptwerk ist "Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie"; der erste der drei Bände erscheint 1867. Karl Marx stirbt am 14. März 1883 in London. Sein Grab befindet sich auf dem dortigen Highgate Cemetary. (rm.)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort