Die Kunst des Strippenziehens

TRIER. Am heutigen Dienstag feiert der CDU-Politiker Horst Langes seinen 75. Geburtstag. Auch ein Jahrzehnt nach seinem Abschied aus dem Europa-Parlament mischt er im öffentlichen Leben noch kräftig mit.

Der Ausblick aus der Beletage der Industrie- und Handelskammer kann sich sehen lassen. Die grünen Hänge des Petrisberges, die Dächer der Nordstadt, der Turm der Paulinskirche: ein schickes Ambiente. Das imposante Staatswappen vor der Tür verrät, dass hier der Honorarkonsul des Großherzogtums Luxemburg residiert. Ein Titel, wie geschaffen für den in der Wolle gefärbten Europäer Horst Langes. Auch wenn keiner außer dem Betroffenen selbst ganz genau weiß, was so ein Honorarkonsul eigentlich macht. An Titeln fehlt es dem CDU-Politiker wahrlich nicht. "Großoffizier der Eichenlaubkrone des Großherzogs" ist er in Luxemburg, Gran-Cruz-Ordensträger in Chile, Ritter der französischen Ehrenlegion, Offizier des Verdienstordens der Republik Polen, Inhaber der Verdienstmedaille von Nicaragua und des "Großen goldenen Ehrenzeichens" der Republik Österreich. So steht es in seiner Biografie, ganz am Ende. Ganz vorne steht: katholisch, verheiratet, fünf Kinder. Die Reihenfolge ist wahrscheinlich kein Zufall. Wenn es seine Lebenszeit erlaubt, werden sicher noch ein paar Meriten für die Ordensliste hinzukommen. Aber dass er mit seinen Ehrenzeichen über die Straße läuft oder bei Empfängen glänzt, hat selten jemand beobachtet. Nicht, dass Horst Langes gänzlich uneitel wäre. Aber das Ansehen, dass er genießt, will er seinen Leistungen verdankt wissen, nicht seinen Orden. Über diese Leistungen spricht er nicht ungern - für Zurückhaltung gäbe es auch keinen Grund. Horst Langes wollte nichts sein, er wollte etwas bewegen, daran hat sich bis heute nichts geändert. Wenn "seiner" Rechtsakademie Ungemach droht, wenn darbende Kultur-Initiativen Unterstützung brauchen: Dann greift er eben immer noch zum Telefon und kümmert sich drum - es macht ja sonst keiner, jedenfalls nicht so gut wie er. Und wenn es jemanden gibt, der weiß, auf welches Knöpfchen man drücken muss, dann ist es Horst Langes. Er repräsentiert eine Politiker-Spezies, die im Zeitalter der blassen Bürokraten und der mediengerechten Selbstdarsteller vom Aussterben bedroht ist: die der kunstvollen Strippenzieher.Europäische Rechtsakademie war das i-Tüpfelchen

Egal ob als junger Landtagsabgeordneter, Mainzer Kultus-Staatssekretär oder stellvertretender Fraktionschef im Europaparlament, Langes gehörte stets schnell zu den "Entscheidern". Mit Heinrich Holkenbrink, Otto Theisen und Carl-Ludwig Wagner formte er ein Viertjahrhundert lang eine CDU-Quadriga, deren Lobby-Qualitäten der Region Trier mancherlei Sonderbonus bescherten. Die Europäische Rechtsakademie war da nur das Tüpfelchen auf dem i. So mancher Coup, daraus hat er nie einen Hehl gemacht, wurde an feucht-fröhlichen Abenden ausgetüftelt oder eingetütet. Dabei gehörte Langes nie zu den Aspiranten auf ein Amt im diplomatischen Dienst. "Eine hemdsärmelige, gelegentlich ruppige Form von Sensibilität" hat ihm sein politischer Ziehsohn Christoph Böhr einst hintersinnig attestiert. Auch daran hat sich wenig geändert. Für Samstag hat er zu einem Geburtstagsempfang eingeladen. Und gleich versprochen, "dass es nicht ungebührlich lange wird". Ein Wink an die potenziellen Festredner. Und damit ihn auch jeder versteht, hat er vorsorglich die Schlusszeit der Veranstaltung angegeben. So ist das eben mit der hemdsärmeligen Sensibilität.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort