Die Linke: Fraktionsvorsitzender legt Stadtratsmandat nieder

Marc-Bernhard Gleißner, der den Fraktionsvorsitz der Linken im neuen Trierer Stadtrat übernehmen wollte, hat sein Mandat überraschend niedergelegt. Vorausgegangen waren Machtkämpfe in Fraktion und Partei.

 Zerstrittene Linke: Marc-Bernhard Gleißner, Katrin Werner und Johannes Verbeek (von links). TV-Foto: Archiv/Christiane Wolff

Zerstrittene Linke: Marc-Bernhard Gleißner, Katrin Werner und Johannes Verbeek (von links). TV-Foto: Archiv/Christiane Wolff

Trier. (woc) Auf seinen Sitz im Stadtrat verzichtet Marc-Bernhard Gleißner, weil die Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Fraktionskollegen Johannes Verbeek nicht funktioniere. "Dies bedauere ich sehr", erklärt der 25-Jährige. Für ihn habe die politische Arbeit Priorität, "daher ziehe ich die Konsequenzen". Nachrücken in den Stadtrat, der sich nächsten Dienstag konstituiert, wird die Kreisvorsitzende Katrin Werner.

Zwischen Gleißner und Verbeek hatte sich in den vergangenen Tagen ein heftiger Streit entwickelt über die Besetzung von Schulträger-Ausschuss und Verwaltungsrat der Stadtwerke. In beide Gremien darf die Linke einen Vertreter entsenden. Gleißner hatte für den Schulausschuss den Berufsschüler Konny Kanty vorgeschlagen, im SWT-Verwaltungsrat wollte er Linde Andersen platzieren. Johannes Verbeek nominierte für den Schulausschuss Ehefrau und Lehrerin Veronika, die zwar kein Parteimitglied ist, aber als "parteinahe Bürgerin" die Linke im Ausschuss vertreten darf. Den SWT-Verwaltungsrat wollte Verbeek mit dem Verkehrs-Experten Karl-Georg Schroll besetzen.

Ohne Einigung in diesen Personalfragen brach gleich die erste Sitzung der Zwei-Mann-Fraktion vorzeitig ab. Gleißner wollte den Rat des Ortsverbands (OV) einholen. Schon vor dessen Sitzungstermin reichte er allerdings beim Rathaus eine Ausschuss-Besetzungsliste ein — mit seinen Kandidaten Kanty und Andersen auf den strittigen Posten.

Heftig erbost über den Vorgriff verzichtete Verbeek auf die Teilnahme an der OV-Sitzung. Die elf anwesenden Linken stimmten prompt den Besetzungs-Vorschlägen Gleißners zu. "Kritisiert wurde, dass die weiteren Bewerber nicht anwesend waren und sich nicht vorstellten", heißt es im Sitzungsprotokoll mit Bezug auf die Gegenkandidaten Veronika Verbeek und Schroll. "Eine Unverschämtheit", schäumte Johannes Verbeek, "beide waren von Gleißner gar nicht zu der Sitzung eingeladen worden!"

Schon bei der Frage, wer den Fraktionsvorsitz übernehmen solle, hatte es zwischen Gleißner und Verbeek heftig gekracht (TV vom 16. Juli). Verbeek hatte nachgegeben und dem Jüngeren für das erste Amtsjahr den Vorsitz überlassen. Diesmal blieb er hart: "Eine nur vom Ortsverband autorisierte Liste akzeptiere ich nicht. Die Ausschuss-Besetzung ist Sache der Fraktion." Sollte Gleißner nicht "Vernunft walten lassen" und auf seine Besetzungsvorschläge eingehen, "werde ich die Fraktion aufkündigen", erklärte der Lehrer. Gleißner wollte sich am Montag gegenüber dem TV zunächst nicht zu dem Streit äußern. Seinen Rücktritt machte er am späten Nachmittag per Pressemitteilung öffentlich.

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Vom Regen in die Traufe?

Nicht die Frage, wie die eigenen politischen Ideen trotz kleinster Fraktionsstärke im Rat eingebracht werden können, steht bei der Linken im Mittelpunkt. Vielmehr geht es um Posten und Pfründe, die sich das aus Ex-PDS-Mitgliedern bestehende Lager, zu dem neben Katrin Werner auch Gleißner und Kanty gehören, sichern will. Werner wollte über den jungen Gleißner offenbar Einfluss auf die Fraktionsarbeit nehmen — und hätte dem Vernehmen nach auch nicht davor zurückgescheut, dafür die Stelle der Fraktionssekretärin anzunehmen. Jetzt rückt sie selbst in den Stadtrat nach. Ob das den Zusammenhalt in der Mini-Fraktion tatsächlich verbessern kann? Immerhin war Werner die treibende Kraft dahinter, statt Spitzenkandidat Verbeek überraschend den 25-jährigen Gleißner zum Fraktionsvorsitzenden zu machen. c.wolff@volksfreund.de

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