Die Not ausgenutzt: Trierer Landgericht verurteilt Paar wegen Zwangsprostitution (Update)

Trier · Das Landgericht Trier hat am Mittag eine 26-Jährige und einen 41-Jährigen zu Haftstrafen wegen Zwangsprostitution verurteilt.

Ein Parkplatz irgendwo in der vorderen Eifel. Eine junge, stark geschminkte Frau steht dort, als ein Auto vorfährt. Sie geht auf den Wagen zu, spricht den Mann an, fragt, ob er Sex mit ihr haben will - "alles für 50 Euro".

Der 50-Jährige sagt Nein. Als er merkt, dass sie aus Bulgarien kommt, verwickelt der aus Serbien kommende Mann die junge Frau in ein Gespräch. Beide können sich halbwegs verständigen. Dabei sagt die Frau ihm, dass sie nicht freiwillig hier stehe. Sie müsse so arbeiten, um Geld für ihr Kind in Bulgarien zu verdienen. "Die Frau hatte Angst, wirkte eingeschüchtert", erzählt der Mann gestern vor dem Trierer Landgericht. Er ist Zeuge in einem Prozess wegen Menschenhandels und Zwangsprostitution. Auf der Anklagebank sitzen eine 26-Jährige und ein 41-Jähriger, beide aus Bulgarien. Sie sollen zwei Frauen aus dem Land unter falschen Versprechungen nach Trier gelockt haben und sie dort gezwungen haben, auf den Straßenstrich zu gehen.

Eine davon ist die junge Frau, die vor gut einem Jahr den Mann auf dem Parkplatz angesprochen hat. Im Laufe des Gespräches habe sie ihn gefragt, ob er sie nach Bulgarien bringen kann. Er sei ja gar nicht aus Bulgarien, wohne hier in Deutschland, habe er ihr gesagt. Daraufhin sei sie zu einem anderen Wagen auf den Parkplatz gegangen.

Doch dem Mann lässt die Frau offenbar keine Ruhe. Er fährt zur Polizei nach Schweich (Trier-Saarburg) und gibt zu Protokoll, dass es auf dem besagten Parkplatz wohl eine Frau gebe, die gezwungen werde, sich zu prostituieren.

Die Polizei nimmt die Aussage ernst. Zumal zwei Wochen später eine Vermisstenanzeige zu der jungen Frau aufgegeben wird. Die 26-Jährige, die wegen Zwangsprostitution auf der Anklagebank sitzt, meldet die Frau als vermisst. Die Polizei gibt eine Fahndung raus. Kurz darauf sei die Frau auf einem Rastplatz bei Neu-Ulm in Bayern entdeckt worden, sagt ein Polizist vor Gericht aus. Ihr ist es gelungen, sich aus den Fängen der beiden Angeklagten zu befreien und sich abzusetzen. Der Verdacht, dass sie Opfer von Zwangsprostitution geworden sei, habe sich bei der Vernehmung der 20-jährigen Frau bestätigt, sagt der Kripo-Beamte vor Gericht. Sie hat wohl erzählt, dass die beiden Angeklagten, die 2012 nach Trier gekommen sind, wo die 26-Jährige selbst jahrelang auf den Straßenstrich gegangen ist, um den Lebensunterhalt für sich und ihren 15 Jahre älteren Partner zu verdienen, in Bulgarien angesprochen worden sei, um mit nach Deutschland zu kommen. In der Anklage heißt es, dass sie der 20-Jährigen, die keinen Schulabschluss hatte und in ärmlichen Verhältnissen gelebt hat, versprochen haben, ihr in Deutschland eine Stelle als Putzfrau zu verschaffen. In Trier soll der Mann die junge Frau, die sich bis dahin einmal in ihrer Heimat prostituiert haben soll, um sich und ihren Bruder was zu essen zu kaufen, bedroht, geschlagen und misshandelt haben.

Die Polizei beginnt, die 26-Jährige und ihren Freund heimlich zu überwachen, ihre Telefone abzuhören. Im Januar bringt das Paar eine 18-jährige Bulgarin, die in ihrer Heimat wohl schon als Prostituierte arbeitet, nach Trier. Auch sie ist nach Aussage des Kripobeamten gezwungen worden gemeinsam mit der 26-Jährigen in Trier auf den Strich zu gehen, das dabei verdiente Geld habe sie dem Mann geben müssen, der ein Teil davon wohl in Spielotheken verzockt.

Im März nimmt die Polizei das Paar in seiner Wohnung in Trier fest. Vor Gericht haben die beiden Angeklagten gestern zugeben, die beiden jungen Frauen nach Trier verschleppt und zur Prostitution gezwungen zu haben. Dieses Geständnis ist Grundlage für den Deal, auf den sich Gericht, die Staatsanwältin und die drei Verteidiger zuvor verständigt haben: Dann, so die Vereinbarung, wird eine vorher vereinbarte Höchststrafe nicht überschritten. Richterin Petra Schmitz verurteilt die Frau wegen Beihilfe zur Zwangsprostitution zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Mann muss für zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis.

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