Die Schau der toten Körper

Trier · Sowohl das Bistum Trier als auch der Evangelische Kirchenkreis lehnen die heute im Trierer Messepark beginnende Ausstellung "Echte Körper" als würdelos und unangemessen ab. Die Ausstellung zeigt konservierte menschliche Körper, Extremitäten und Organe.

Trier. "Von den Toten lernen" - mit diesem Motto wirbt die Ausstellung "Echte Körper" für ihr Gastspiel in Trier. 200 Exponate, von einzelnen Händen und Füßen über konservierte Föten in verschiedenen Entwicklungsstadien bis zu kompletten aufgeschnittenen menschlichen Körpern, sollen nach den Worten des Ausstellungsleiters Thomas Müller "anatomisches Wissen vermitteln".
Die Exponate sind keine Nachbildungen aus Kunststoff, sondern echte Körperteile, die mit der Methode der Plastination (siehe Extra) konserviert worden sind. "Echte Körper" startet heute in einem Zelt auf dem Messeparkgelände und gastiert in Trier bis zum 2. November.
"Wir wahren zu jedem Zeitpunkt die Würde der Verstorbenen", betont Müller. Anders als Gunther von Hagens\' Ausstellung "Körperwelten", die seit 1996 große Erfolge verzeichnet, stellt "Echte Körper" keine Szenen nach. Exponate werden in Glasvitrinen präsentiert, Schautafeln bieten Hintergrundinfos.
"Echte Körper" ist eine Wanderausstellung auf Tour durch Deutschland, die letzte Station vor Trier war Gießen. "Dort hatten wir 1600 Zuschauer in einer Woche", erzählt Müller. "Zu uns kommen Medizinstudenten, Patienten, Schulklassen und generell interessierte Menschen." Die Exponate kommen aus den USA und sind eine Leihgabe der Firma Corcoran Laboratories in Michigan, einem führenden Hersteller medizinischer Präparate für Universitäten und Krankenhäuser. Über das Body Donation Program (Körperspenderprogramm) verfügen die Spender, dass ihr Körper nach ihrem Tod der Ausbildung von Medizinern sowie der Aufklärung von Laien zur Verfügung stehen soll.
Die beiden großen Kirchen lehnen die Ausstellung entschieden ab. "Der menschliche Körper ist aus christlicher Sicht ein Geschenk Gottes", sagt Jörg Weber, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Trier. "Grundsätzlich gilt, dass auch bei Toten die menschliche Würde zu beachten ist. Wenn es einer solchen Ausstellung darum geht, Körper zur Schau zu stellen, dann ist das problematisch. Deshalb ist eine solche Ausstellung aus ethischen Gründen unangemessen."
Auch das Bistum Trier sieht eine Verletzung der Menschenwürde. "Leichname werden zur Schau gestellt und zum Objekt von wirtschaftlichen Aktivitäten gemacht", erklärt Pressesprecherin Judith Rupp. "Eine solche Instrumentalisierung wird der Würde des Menschen nicht gerecht, die auch über den Tod hinaus gilt."
2009 musste "Echte Körper" auf Anordnung des Gesundheitsamts Hannover sieben Exponate verhüllen, die Vitrinen wurden von der Polizei versiegelt. Die Ausstellung klagte dagegen und gewann. In Trier wurde kein Verbot beantragt.
Liebe Leser, wie sieht Ihre Meinung zur Ausstellung "Echte Körper" aus? Verletzt sie die Würde der Verstorbenen? Mailen Sie uns an echo@volksfreund.de. Bitte vergessen Sie nicht Namen und Anschrift.
Extra

Körperwelten hieß 1996 die erste Ausstellung, in der echte menschliche Körper in Exponate umgewandelt wurden. Gunther von Hagens, Wissenschaftler und Unternehmer, erfand dafür die Methode der Plastination. Das Verfahren ersetzt das Wasser in den Zellen der menschlichen Überreste durch Kunststoffe wie Silikon. Das Ergebnis sind optisch unveränderte Körper oder Extremitäten, die nicht verfallen, geruchsfrei sind und gefahrlos berührt werden können. Die Körperwelten wurden zu einem großen Erfolg und laufen bis heute weltweit in acht Varianten, darunter auch die Körperwelten der Tiere. Der vielfache Protest von Kirchen und Menschenrechtlern trug weiter zur Popularität der Ausstellung bei. Der Spiegel warf Gunther von Hagens 2004 vor, für seine Exponate die Leichen chinesischer Hinrichtungsopfer zu verwenden. Das Magazin verpflichtete sich anschließend, diese Behauptung nicht mehr zu verbreiten. jp

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