Die Schicksale hinter den Fakten

Trier · Die Geschichte der jüdischen Mitbürger in der Region ist noch lange nicht vollständig erforscht. Der Historiker Willi Körtels hat im Gemeindesaal der Jüdischen Kultusgemeinde ein Buch für die jüdischen Schüler an den höheren Schulen vorgestellt. Und dabei wichtige Erkenntnisse vermittelt.

 Die Zuhörer lauschen aufmerksam dem Vortrag von Willi Körtels, der ihnen sein neues Buch vorstellt. TV-Foto: Martin Möller

Die Zuhörer lauschen aufmerksam dem Vortrag von Willi Körtels, der ihnen sein neues Buch vorstellt. TV-Foto: Martin Möller

Trier. "Ich glaube, dass Willi Körtels uns noch einiges beibringen kann", sagte Joram Moyal, Vorstandsmitglied der Jüdischen Kultusgemeinde, zur Begrüßung bei der Vorstellung des Buchs "Jüdische Schülerinnen und Schüler an höheren Schulen der Region Trier" von Willi Körtels. Das Werk präsentiert in der Tat neue Fakten - und oft genug auch die persönlichen Schicksale dahinter.
Willi Körtels ist keiner, der mit Fakten geizt. Nach Gerd Demeraths musikalischer Einstimmung an der Laute griff er zurück auf die Anfänge des jüdischen Bildungssystems um 500 vor Christus. Wahrscheinlich haben nur wenige Völker ein derart tief in der Geschichte verwurzeltes Bildungsverständnis. Und als sich die Juden vom Ghetto emanzipierten, war es wieder die Bildung, die den sozialen Aufstieg jüdischer Mitbürger und zugleich deren gesellschaftliche Assimilation vorantrieb. Als Beispiele nannte der Autor Moses Mendelssohn und Rahel Varnhagen.
Körtels ging auch auf die näheren Umstände des jüdischen Religionsunterrichts ein, der auch mitten in der gesellschaftlichen Integration ein Garant für jüdische Identität war.
Die Zahl der Fakten und Menschen, die Körtels präsentierte, der großen und kleinen Belege für jüdisches Leben in und mit der nichtjüdischen Gesellschaft, war beachtlich. So enthält auch sein neues Buch zahlreiche Tabellen. Aber dahinter steht keine unhistorische und unpolitische Fleißarbeit, sondern ein ganz persönliches Engagement für eine Volksgruppe, die vor 1933 in Trier ungefähr ein Prozent der Stadtbevölkerung ausmachte und die dann bis auf wenige Reste ausgelöscht wurde. Körtels benannte ganz konkret die Schicksale hinter den Namen und Fakten - Ausbürgerung, Emigration, Flucht, Deportation und Ermordung. Und im gelassenen Referentenstil des Autors wurde die innere Bewegung spürbar, die ihn bei seiner historischen Aufarbeitung geleitet hat. Gut 50 Besucher waren dabei - höchst aufmerksam und emotional tief berührt. mö

Bibliografische Angaben: Willi Körtels, Jüdische Schülerinnen und Schüler an höheren Schulen der Region Trier, 305 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Konz 2015. Erhältlich ist das Buch direkt beim Autor, Ernst-Hartmann-Straße 17, 55329 Konz, Telefon 06501/15774.

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