"Die Stadt muss klare Prioritäten setzen"

Die Veröffentlichung der aktuellen Fassung des Trierer Schulentwicklungskonzepts hat wie erwartet die Debatte um die Zukunft der Trierer Schullandschaft angekurbelt. Auch die ADD, Schulaufsichtsbehörde des Landes, würde mitdiskutieren - wenn sie das Konzept denn hätte.

Trier. "Nein, bis heute liegt bei uns noch nichts vor". ADD-Präsident Josef Peter Mertes wundert sich. Auch eine Woche nach der Presse-Präsentation fehlt ihm ein Exemplar des Schulentwicklungskonzepts - nicht gerade ein Ausweis enger Kooperation. Zum Glück kann ihm der TV aushelfen. Dennoch: Der oberste Schulaufseher des Landes lobt ausdrücklich die Anstrengungen der Stadt, die Schulentwicklung in den Griff zu bekommen. Vor allem, weil man in Trier "bemüht ist, alle Beteiligten in ein Boot zu bringen und dabei auch die Betroffenen einzubeziehen". Das sei "nicht überall so". Mertes muss es wissen, denn seine Behörde begleitet die Entwicklung überall in Rheinland-Pfalz. Die ADD ist als Landeseinrichtung für das Personal und die Inhalte der Schulen zuständig. Neuorganisationen, Schließungen oder Zusammenlegungen können die Kommunen als Träger nur in Abstimmung mit der ADD realisieren.Im Klartext: Weder die Strukturveränderungen bei den Grundschulen noch die "Realschulen plus" oder den Aufbau einer Gesamtschule kann die Stadt ohne Zustimmung der Schulaufsicht in die Tat umsetzen. Der ADD-Chef setzt dabei auf Konsens: "Notfalls sprechen wir so lange miteinander, bis wir ein Ergebnis haben." Über Details zum städtischen Schulkonzept will Mertes erst reden, "wenn es die konkreten Anträge gibt". Aber nach kurzer Sichtung des Entwurfs lässt er sich ein paar grundsätzliche Anmerkungen entlocken. So sei etwa die Schließung funktionierender Grundschulen "immer eine schwere Entscheidung, für die es gewichtige Argumente geben muss". Finanzielle Erwägungen allein seien dafür nicht ausreichend. Bei der "Realschule plus" verweist Mertes darauf, dass es sich bei dieser künftigen Schule um eine "integrierte Einrichtung" handele. "Nebenstandorte" seien in begründeten Fällen zwar nicht ausgeschlossen, vor allem, wenn eine Zusammenlegung zusätzliche Baukosten verursache. Aber "reine Standort-Sicherung" könne "nicht der Sinn der Sache sein".Trier und Trier-Saarburg gemeinsam betrachten

In eine klare Richtung deutet auch die Aussage zur integrierten Gesamtschule. Gebe es einen Standort, der die baulichen Kapazitäten mitbringe und bei dem die Schul-Kollegien eine IGS befürworteten, seien das "ideale Voraussetzungen". Das klingt, als würde er direkt vom Wolfsberg reden. Allerdings betont Mertes, Trier und Trier-Saarburg seien bei der Ermittlung des Bedarfs "gemeinsam zu betrachten". Will heißen: Ein neues Gymnasium in Schweich bleibt nicht ohne Wirkung auf Trier - und umgekehrt. Dass die ADD beim Runden Tisch in Trier ausgestiegen ist, habe "Missverständnisse hervorgerufen", sei aber "unvermeidlich" gewesen, sagt der ADD-Präsident. Man habe dort auch Themen beraten, die "nicht in der Kompetenz der Stadt, sondern in der des Landes liegen". Da sei es "besser für den Prozess gewesen, dass wir uns zurückgezogen haben".Aus der Verantwortung wolle man sich aber nicht zurückziehen, auch nicht, wenn es um den Abbau des Sanierungsstaus geht. Die Kommunalaufsicht sei bereit, über einen zusätzlichen Kreditrahmen zu reden. Allerdings müsse die Stadt dann "klare Prioritäten für die Schulsanierung gegenüber anderen Projekten setzen". Was immer passiert: schnell wird es nicht gehen. Für jede einzelne Aufgabe eines Schulstandorts etwa gebe es umfassende "Anhörungs- und Beteiligungsrechte", die erst dann eingeleitet werden können, wenn offizielle Anträge der Stadt vorliegen. Für den 8. August haben sich erst einmal OB Jensen und Dezernent Holkenbrink zum Sondierungsgespräch angekündigt. Vielleicht bringen sie ja ein Exemplar des Konzepts mit. Extra Diskussion auf allen Ebenen: Obwohl es sich bislang nur um ein vorläufiges Papier handelt, wird vor allem in den Grundschulen heftig über das Schulkonzept diskutiert, Gestern trafen sich nach TV-Informationen die Schulleiter erneut. Viele Eltern erkundigen sich - auch bei der TV-Redaktion - nach möglichen Folgen. Der Diskussionsprozess soll mindestens bis zum Jahresende dauern. Die CDU hat gestern angekündigt, ab dem 4. August Schulkonferenzen in allen Stadtteilen zu veranstalten. Sie sollen in einen offenen "Schul-Parteitag" am 20. Oktober münden.

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