"Die Täter sind nicht krank"

TRIER. 112 Teilnehmer trafen sich für zwei Tage in Trier zur Jahrestagung des Sozialdiensts katholischer Frauen. Im Josefsstift beschäftigten sich die haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen aus dem Bistum mit dem Thema Gewalt. Das biblische Motto der Tagung: "Beneide den Gewalttätigen nicht, wähle keinen seiner Wege".

Den Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) gibt es in Trier schon seit mehr als 100 Jahren. Mit dem Motto "Da sein, leben helfen" berät der Verband in den elf Ortsvereinen im Bistum Trier Schwangere, hat Angebote für minderjährige Mütter, ist Anlaufstelle bei häuslicher Gewalt und betreibt Frauenhäuser. "Wir haben einen frauenspezifischen Ansatz, unsere Sorge gilt Frauen, aber damit auch Kindern und Familien", erläutert Gisela Lauer, ehrenamtliche Vorsitzende des Trierer Diözesanvereins des SKF. Neben Vorträgen gehörten auch Kurzberichte aus den SKF-Beratungsstellen zum Programm der Jahrestagung. Mit Themen wie "Gewalt gegen Frauen als Herausforderung an die Kirche", "Gewalt in der polizeilichen Praxis" oder "Mädchen als Opfer und Täterinnen" befassten sich sieben Referenten. Ein roter Faden unserer Arbeit ist natürlich das Thema häusliche Gewalt", sagt Diözesanreferentin Roswitha Kerr. Dazu sprach Marion Ernst von der Saarbrücker Koordinationsstelle gegen häusliche Gewalt. Zuihren Zielen gehören "wirksamer und nachhaltiger Opferschutz sowie konsequente Strafverfolgung". Die Frage sei, wie ein Gesamtkonzept entstehen könne. "Alle Institutionen müssen zusammenarbeiten", fordert Ernst: "Polizei, Zivil- und Strafjustiz, Jugend- und Sozialamt, Ärzte, Frauenhaus"."Es ist fatal, sich nicht einzumischen"

Die Idee, sich als Staat in so genannte "Familienstreitigkeiten" nicht einzumischen, sei fatal; es dürfe kein Mitleid mit den Tätern geben: "Die Täter sind nicht krank, häusliche Gewalt ist einfach Machtmissbrauch", formulierte Ernst eindringlich. Zu vielen Fragen regte der Vortrag von Clemens Klein an. Der Psychologe, der in der Justizvollzugsanstalt Wittlich Gewaltstraftäter therapiert, berichtete: "In der Therapie muss sich der Täter mit seiner Tat auseinander setzen, Tatleugner - davon gibt es viele - kann ich nicht therapieren." Die Teilnehmer fragten nach Rückfälligkeit, Täter als Opfer von Gewalt in der Kindheit, und wie eine Zukunftsprognose für Gewalt-Straffällige erstellt werde. Am zweiten Tag stand der Vortrag "Zwischen Zuwendung und Handgreiflichkeit - ein alltägliches Spannungsfeld in Krankenhäusern und Altenheimen" im Vordergrund. "Hier wurde deutlich, wie schwierig die Situation zwischen Finanzierung und Qualitätssicherung ist", sagt Gisela Lauer. Die Nähe zwischen Pfleger und Patient erzeuge komplizierte Momente: "Es gibt bestimmte Hygiene-Erfordernisse, aber wenn ein Demenzkranker sich nun weigert, gewaschen zu werden?" Übergriffe - auch vom Patienten auf den Pfleger - seien ein Problem. Die Veranstaltung war "letztlich eine Fortbildung und Blickerweiterung für die Helferinnen", fasst Lauer zusammen. Die Vorsitzende ist schon mit neuen Plänen beschäftigt: "Nächstes Jahr heißt das Thema "Neue Formen der Armut”. Darin wird wird sich mit dem Problem der Wohnungslosigkeit auseinandergesetzt.

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