Die Würze des Altmeisters

TRIER. (ae) Mit einem abwechslungsreichen Repertoire von Stücken des für Filmmusiken mehrfach Oscar prämierten Michel Legrand ließ es die Big Band des Hessischen Rundfunks (HR) in der Tufa so richtig swingen und krachen. Unter Leitung von Jörg Achim Keller bot sie fast 250 Zuschauern perfekten und ausgefeilt arrangierten Big Band Jazz, gewürzt mit Gesang des Altmeisters Mark Murphy.

 Macht mit seinen Handbewegungen Musik sichtbar: Jörg Achim Keller, Dirigent der HR-Big Band, beim Konzert in der Tufa.TV-Foto: Anke Emmerling

Macht mit seinen Handbewegungen Musik sichtbar: Jörg Achim Keller, Dirigent der HR-Big Band, beim Konzert in der Tufa.TV-Foto: Anke Emmerling

Nach fast vier Jahren gastierte die Big Band des Hessischen Rundfunks wieder in Trier, auf Einladung des Jazz-Clubs Eurocore. Das von dessen Initiator Thomas Schmitt organisierte Konzert wurde dem gewohnt hohen Qualitätsanspruch mehr als gerecht, weil sich Repertoire, Zugang und Umsetzung durch die beteiligten Spitzenmusiker auf originelle, perfekte und damit stimmige Weise summierten. Gewidmet war der Abend dem Werk von Michel Legrand, 1932 in Paris geboren und bereits im Alter von elf Jahren Student am Pariser Konservatorium. Seine erste Liebe war das Chanson, das der kreative Kopf bald mit Jazz verschmolz, so wie er später alle musikalischen Grenzen sprengte, um seinem Drang nach Neuem und stetiger Veränderung künstlerisch Ausdruck geben zu können. Für drei seiner bislang mehr als 200 Soundtracks gewann er den Oscar, zum Beispiel für "Windmills of your mind" aus "The Thomas Crown Affair". Dieses bekannte Stück war eines der sechzehn Stücke, die Bandleader Jörg Achim Keller für seine Big Band arrangiert und in der Tufa serviert hat. Balladeskes hat der ehemalige Schüler von Peter Herbolzheimer zu treibenden, temperamentvollen Klangteppichen umgestaltet, in denen viel mit Sounds experimentiert wird. Harte, messerscharfe, von Trompeten und Saxofonen geprägte Bläsersätze wechseln mit der weichen Harmonie von Querflöten und Piano. Da brausen Klangwellen heran, münden in Swing und Groove, ein Thema bricht durch, verebbt, macht Platz für ausgefeilte Improvisationen. Jeder der sechzehn Musiker darf sein Können als Solist unter Beweis stellen, sie alle nutzen mit spielerischer Leichtigkeit und konzentrierter Präsenz ihre Möglichkeiten. Bei aller Freiheit bleibt der französische Esprit von Legrand erhalten, es gibt Momente, da träumt man von einer beschaulichen Fahrt durch die französische Provinz. Kellers Art zu dirigieren trägt viel zum Transport der Legrandschen Stimmungen bei, denn jede noch so feine Schwingung wird von seinen fast tänzerischen Handbewegungen illustriert. I-Tüpfelchen ist der Gesang

I-Tüpfelchen ist jedoch der Gesang von Gaststar Mark Murphy. 1953 auf einer Jam Session von Sammy Davis jr. entdeckt, hat der heute fast 75-Jährige eine wechselvolle Karriere mit immer neuen Orientierungen von Bebop über Balladen bis Acid Jazz hinter sich, die mehrmals in Grammy-Nominierungen und einmal in einen Chart-Erfolg mündete. Sein erstes Lied auf der Tufa-Bühne ist "You must believe in spring". Ein bisschen zittrig ist der stimmliche Beginn, doch bei "Chicken Soup" gerät Murphy in Fahrt. Dunkler warmer Soul wird von plötzlichen Tonspitzen in höchsten Höhen unterbrochen, um dann in rhythmischen Scat-Gesang zu münden, gefeiert vom Applaus des Publikums.

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