Die dicken Kinder von Deutschland

TRIER. Immer mehr deutsche Kinder sind übergewichtig. Ein Gegengewicht zu diesem negativen Trend sollte die achte Gesundheitsförder-Konferenz des "Hauses der Gesundheit" in Trier bilden.

Dicke Kinder sind keine Seltenheit mehr. Jeder dritte deutsche Jugendliche ist übergewichtig. Jedes fünfte deutsche Kleinkind auch. Durch neue Formen der Freizeitgestaltung, langes Sitzen am Computer oder fehlende Anleitung durch die Eltern bewegen sich Kinder heute immer weniger und ernähren sich falsch. Nicht nur Übergewicht, sondern auch motorische Störungen, sprachliche Probleme und mangelndes Sozialverhalten gehören zum Paket der "modernen Kinderkrankheiten". "Bei zehn bis 15 Prozent der Kinder stellen wir in der Einschulungsuntersuchung motorische Störungen fest", erläutert Harald Michels, der Leiter des Trierer Gesundheitsamtes. Beispielsweise schaffen es viele der angehenden ABC-Schützen nicht, auf einem Bein zu stehen. Alle erwähnten Defizite hängen nach Auffassung von Michels und Professor Bernd Krönig, Chefarzt im Evangelischen Elisabeth-Krankenhaus, eng zusammen. Übergewicht habe mit fehlender Zuneigung der Eltern ebenso zu tun wie mit mangelnder Bewegung, die mit neuen Formen der Freizeitgestaltung eng zusammenhängt. Deren Ursachen können wiederum in der fehlenden Zuneigung der Eltern liegen. In Kindergarten und Schule müsse dieser Entwicklung entgegen gesteuert werden. So standen im Mittelpunkt der diesjährigen Gesundheitsförderkonferenz im Palais Walderdorff "die Voraussetzungen, die für ein gesundes Erwachsenwerden maßgeblich sind". In Referaten ging es um gesellschaftliche Akzeptanz von Kindern, gesunde und ausgewogene Ernährung sowie um Zuwendung als Voraussetzung für Gesundheit und Bewegung im Kindergarten. Birgit Wald zeigte auf, wie sich der Umgang mit Kindern von den 50er Jahren bis heute gewandelt hat. In Kindergarten und Schule werde nicht mehr ausschließlich Stillsitzen gefordert, vielmehr sollen Motorik und Bewegung gefördert werden. Dass Kinder keiner speziellen Kinderernährung bedürfen, unterstrich Ernährungswissenschaftlerin Monika Röhlich. Reich an Ballaststoffen und fettreduziert sollte die Nahrung für Kinder sein. Welch große Bedeutung ein geordneter Alltag und Zuneigung der Eltern für die Entwicklung der Kinder hat, betonte Krönig. Mit dem Projekt "Zuwendung hilft Vorbeugen" will er den Stellenwert von Geborgenheit für die Entwicklung und Gesundheit der Kinder herausheben. Wie im Kindergarten die Bewegung einen festen Platz findet, beschrieb Irmgard Kiesgen-Bölinger aus dem Kindergarten Oberbillig. Regelmäßige Waldspaziergänge gehören dort ebenso zum Alltag wie Toben in der Matsch-Ecke und Turnen auf dem Kletterbaum. "Wir müssen etwas gegen diese fatale Entwicklung tun, sonst müssen wir in 15 bis 20 Jahren die vielfach höheren Kosten der dann kranken Erwachsenen tragen", warnt Krönig. "Und das sind Kosten, die keine Kasse bezahlen können wird." Aber weder dem Land noch den Krankenkassen scheine die Vorbeugung heute eine Investition wert zu sein. Am 12. Juli lädt das Haus der Gesundheit zwischen 11 und 16 Uhr zum Kindergesundheitstag in den Palastgarten.

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