Doppelte Ursache für beispiellosen Amokalarm-Großeinsatz am Freitag - Polizei ermittelt gegen Unbekannt

Trier · Erst wurde ein Notruf ausgelöst, dann waren Schüsse zu hören: Die Verantwortlichen im Berufsschulzentrum Trier gingen auf Nummer sicher und lösten Amokalarm und damit einen beispiellosen Einsatz von Polizei und Rettungskräften aus. Die Schüsse stammten wahrscheinlich von einer Treibjagd, der vorangegangene Notruf wurde offenbar missbräuchlich abgesetzt. Deshalb ermittelt die Polizei nun gegen Unbekannt.

 Amokalarm im Berufsschulzentrum Trier: Die Polizei schickt die Berufsschüler entweder nach Hause oder in die nahe Toni-Chorus-Halle. Eine Spezialeinheit durchsucht alle Gebäude. TV-Fotos: Roland Morgen (3), Friedemann Vetter (2)

Amokalarm im Berufsschulzentrum Trier: Die Polizei schickt die Berufsschüler entweder nach Hause oder in die nahe Toni-Chorus-Halle. Eine Spezialeinheit durchsucht alle Gebäude. TV-Fotos: Roland Morgen (3), Friedemann Vetter (2)

Foto: (h_st )

Woher die Schüsse kamen, war unklar, doch die Verantwortlichen im Berufsschulzentrum hatten am Freitagvormittag keine Zeit für eine Analyse. Kurz zuvor war an der BBS Wirtschaft ein für den Fall einer Amok-Gefahr vorgesehener schulinterner Alarm ausgelöst worden.

Als es dann knallte, lösten die Verantwortlichen selbst einen Amokalarm aus. Mit weitreichenden Folgen: Rund 2000 Schüler und Lehrer wurden nach draußen gebracht oder schlossen sich in ihren Klassenräumen ein. Polizei, Feuerwehr und Hilfsdienste rückten mit insgesamt 400 Einsatzkräften an. Mehrere Straßen wurden gesperrt, der Verkehr kam zeitweilig zum Erliegen. Entwarnung erst am Nachmittag: Keine Hinweise auf eine Gefährdung. Für die Polizei ist der 27. November aber noch nicht abgehakt: "Der erste Alarm war, wie sich im Lauf unserer Ermittlungen herausstellte, offenbar missbräuchlich ausgelöst worden", so Präsidiumssprecher Uwe Konz (51); "Die Kriminalinspektion hat deshalb ein Ermittlungsverfahren eingeleitet."

Die strafrechtlichen Konsequenzen liegen auf der Hand. Konz: "Missbräuchliche Benutzung von Notrufen sind keine Bagatelldelikte, sondern schwerwiegende Straftaten. Fehlalarme können Menschenleben gefährden und die öffentliche Sicherheit massiv beeinträchtigen." Hinweise nimmt die Polizei unter den Rufnummern 0651/9779-2290 oder 9779-2216 entgegen.

Auch wenn es am Freitag keine reale Gefahr gab, mussten insgesamt 14 Schülerinnen und Schüler ärztlich versorgt werden. Hinsichtlich der "Knallgeräusche" und ihrer Ursache hält sich die Polizei noch bedeckt, doch es hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Schüsse gehandelt, die während einer Treibjagd unterhalb von Markusberg und Mariensäule abgegeben wurde - zwar auf der anderen Moselseite, aber nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt.

Geschossen wurde bei der Jagd auf Wildschweine üblicherweise mit hochwildtauglichen Jagdgewehren; entsprechende Geräuschentwicklung inklusive.

Gerüchte mit Panik-Potenzial

Auf eine "bisher weitgehend unterschätzte" Gefahrenquelle macht Reiner Marz (57), Lehrer für Sozialkunde und Deutsch/Kommunikation an der Berufsschule für Ernährung, Hauswirtschaft und Sozialpflege (EHS), aufmerksam: "Am Freitag wurden in sozialen Netzwerken unreflektiert Gerüchte in in Umlauf gebracht, die erst recht Verunsicherung und Unruhe haben aufkommen lassen. Da steckte vielfach echtes Panik-Potenzial drin."

So wollte eine junge Frau im Halbdunkel einen "Bewaffneten" in ihrer Schule gesehen haben, ein anderer behauptete, auch im nur wenige hundert Meter entfernten Brüderkrankenhaus sei Alarm ausgelöst worden. Beides stimmte nicht, hat aber doch überregional für Aufregung gesorgt. Mit dem Ablauf des Einsatzes seiner Polizeikollegen und den Rettungskräften zeigt sich Uwe Konz zufrieden und froh darüber, "dass es am Ende des Tages eine adrenalinbeladene Übung war". Selbstverständlich würden "die gemachten Erfahrungen nachbereitet und mit allen Akteuren kommuniziert".Extra

Treibjagden sind in Trier nicht anmeldepflichtig und auch nichts Ungewöhnliches. Wie Gundolf Bartmann (55), Leiter des Forstamtes Trier, auf TV-Anfrage erklärt, hat am vergangenen Dienstag eine besonders ergiebige stattgefunden, an der er selbst beteiligt war: Im Mattheiser Wald hätten 50 Jäger insgesamt 41 Wildschweine, 15 Rehe und zwei Füchse erlegt - "eine Rekordstrecke für den stadtnahen Bereich". Dabei seien "mehr als 100 Schuss abgefeuert" worden. Laut Bartmann sind im Vorfeld Polizei und der Mariahofer Ortsvorsteher Jürgen Plunien informiert worden: "Auch wenn's freiwillig ist: Das gehört sich so, damit sich niemand Sorgen macht, wenn Schüsse fallen." Pluniens Trier-West/Palliener Amtskollege Horst Erasmy (61) wusste, wie er sagt, im Vorfeld nichts von der Jagd am Markusberg: Er war am Freitag in seinem Zollermittler-Büro in der Eurener Straße, hörte Schüsse - und anschließendes Hundegebell: "Da war mir klar: Eine Treibjagd und kein Grund zur Beunruhigung". rm.

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