Drei, zwei, eins … Chaos

TRIER. System mit Tücken: Die roten Info-Säulen an innerstädtischen Bushaltestellen haben vorerst ausgedient. Seit längerem schon versagen Soft- und Hardware des "dynamischen Fahrgastinformationssystems". Besserung ist frühestens im nächsten Jahr zu erwarten.

Noch "drei" Minuten bis zur Abfahrt der Linie 3 in Richtung Tarforst, vermeldet die digitale Anzeige in der roten Info-Säule am Hauptbahnhof. Doch fünf Minuten später ist vom Bus noch nichts zu sehen. Statt dessen wird nun eine neue Abfahrtzeit angezeigt: "neun" Minuten mit Sternchen, was soviel heißen soll wie "fahrplanmäßig". Keine zwei Minuten später fährt die Linie 3 in Richtung Tarforst vor. Chaos total in der roten Säule - ob der Bus nun verspätet oder viel zu früh eingetroffen ist, verrät die Anzeige nicht.15 000 Euro für jede der neun Säulen

Vor acht Jahren starteten die Stadtwerke ihr "dynamisches Fahrgastinformationssystem". Rund 15 000 Euro investierten die Verkehrsbetriebe in jede ihrer insgesamt neun roten Säulen. Hinzu kommen die Kosten für Startpaket und Software. Das System: Eine Datenbank in der Zentrale des Verkehrsbetriebs verrechnet im 15-Sekunden-Takt die von jedem Stadtbus via Datenfunk eintreffenden Positionsbestimmungen zu Abfahrtsprognosen. Über ein Kabel werden die laufend aktualisierten Daten dann an die Säulen weitergegeben, wo alle 30 Sekunden die Anzeigen auf den neuesten Stand gebracht werden. Doch was den Fahrgästen seit 1996 neue Orientierung geben sollte, sorgte bald für hoffnungslose Verwirrung: So werden in den roten Säulen nicht selten Busse angekündigt, die bereits Minuten zuvor die Haltestelle passiert haben. Oder aus prognostizierten drei Minuten werden 300 Sekunden und mehr Wartezeit - "Gummiminuten" sind daher ein häufig anzutreffendes Phänomen in den Säulen. Regelmäßig zu beobachten ist auch das "Springen" von Abfahrtzeiten: In Sekundenbruchteilen werden dann aus ursprünglich sieben plötzlich nur noch zwei Minuten Wartezeit. Der umgekehrte Fall tritt jedoch auch auf und sorgt bei vielen Fahrgästen regelmäßig für Verdruss. Nicht selten bleibt an den Haltestellen einfach die (Abfahrts-)Zeit stehen. Bei den Verkehrsbetrieben weiß man seit langem von den Tücken des Systems. "Seit einigen Monaten treten gehäuft Störungen auf, da die verwendete Technik zunehmend Übermittlungsfehler generiert und die Hardware unter dem jahrelangen Witterungseinfluss gelitten hat", bestätigt denn auch Pressesprecher Andreas Wagner auf Anfrage des Trierischen Volksfreunds . Tatsächlich stammt die Software des 1996 in Trier installierten Systems noch aus den frühen 90er Jahren. Immer häufiger müssen die Verkehrsbetriebe das System ganz abstellen, mitunter flackern die Bildschirme als müssten sie schon bald implodieren. "Die Infosäulen werden täglich kontrolliert", versichert Wagner. Jedoch sei die Wiederinbetriebnahme der einzelnen Säulen, die vor Ort geschehen müsse, "sehr zeit- und personalintensiv". Dabei ist auch den Verkehrsbetrieben klar, dass das aktuelle System nicht mehr viel taugt. "Um das Problem grundsätzlich zu lösen, muss die gesamte Technologie modernisiert werden", räumt Wagner ein. Seit Anfang des Jahres stehe man in Verhandlungen zur Erneuerung der Leitstellensoftware, so dass die Ansteuerung "voraussichtlich 2005 verbessert" werden könne. "Ob und wann die Investition in die Anzeigertechnologie erfolgt, ist noch nicht entschieden", warnt der Stadtwerke-Pressesprecher jedoch vor allzu großen Erwartungen. Ein Problem wird sich allerdings nicht mehr lösen lassen: Wer bei Sonnenschein auf die Säule schaut, blickt oft in die Röhre, denn die Anzeige ist bei schönem Wetter kaum lesbar. Verantwortlich dafür ist das "transmissive Display", dass sich vor allem bei Dunkelheit bezahlt macht. Dabei macht eine hinter dem Bildschirm installierte Lichtquelle die Anzeigen für den Betrachter erst sichtbar.

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