Drohend ragt der Hang empor

FREUDENBURG/SAARBURG. Sechs Jahre lang musste eine Familie aus Freudenburg vor Gericht um die Regulierung der Schäden kämpfen, die ein Hangrutsch verursacht hatte. Heute beweisen dem TV vorliegende Dokumente, dass die Verbandsgemeinde Saarburg von Anfang an über Daten verfügte, die das Ehepaar entlasten und den Eiderberg als Baugebiet mit Risiken entlarven.

"Ich bin sehr froh, dass die Schäden an Haus und Grundstück behoben werden und die enorme Belastung, unter der meine Familie leiden musste, der Vergangenheit angehört." Mehr will Stefan Braunshausen - sein Bruder Franz gehörte übrigens als Siegfried Kronmayr 1985 zum Start-Ensemble der ARD-Lindenstraße - zum Hangrutsch Eiderberg nicht mehr sagen. Dieser Hangrutsch hat in der kleinen Gemeinde im Landkreis Trier-Saarburg Geschichte gemacht. 1997 lösten sich 40 LKW-Ladungen Erde vom gemeindeeigenen Hang und rutschten auf das Anwesen der Braunshausens, doch erst jetzt beginnen die Reparaturarbeiten am schmucken Einfamilienhaus. Die Beseitigung aller Folgen des Freudenburger Hangrutschs wird nach TV -Informationen 200 000 Euro kosten. Zwei Gerichte mussten sich zwischen 1997 und 2003 mit der Frage beschäftigen, wer für den Hangrutsch verantwortlich ist und deshalb die Rechnung zahlen soll. Die Ortsgemeinde Freudenburg, ihr gehört der Hang, und die Verbandsgemeinde Saarburg beschuldigten den Betroffenen: Bauherr Braunshausen habe die Erdbewegung durch eine zu tiefe Ausschachtung auf seinem Grundstück selbst verursacht. Gemeinde verliert in zwei Instanzen

Die Ortsgemeinde zerrte die junge Familie durch zwei Instanzen und weigerte sich, die Verantwortung für den Hangrutsch zu übernehmen. Doch das Landgericht Trier (1999) und das Oberlandesgericht Koblenz (2003) zwangen sie dazu, sprachen das Ehepaar von jeder Schuld frei und verurteilten die Gemeinde zur Regulierung der Schäden. Der Rechtsstreit ist zwar seit 2003 beendet, aber seine Folgen werden Orts- und Verbandsgemeinde auch in Zukunft noch beschäftigen. Denn laut Mitteilung von Freudenburgs Ortsbürgermeister Bernd Gödert ist noch eine Rechnung offen. Der Hang selbst wurde mit Landesmitteln saniert, die Reparatur des Hauses von Stefan und Dorothee Braunshausen bezahlt der Gemeindeversicherungsverband (GVV), bei dem Freudenburg haftpflichtversichert ist. Doch diese beiden Quellen decken den Schaden nicht komplett ab. "70 000 Euro bleiben übrig", sagt Gödert im Gespräch mit dem TV. "Wir wollen diese Summe nicht alleine tragen, die Verbandsgemeinde ist mit im Boot." Gödert war noch kein Ortsbürgermeister, als der Prozess zwischen der Gemeinde und der Familie begonnen hat. Sein Vorgänger Michael Braunshausen - weder verwandt noch verschwägert mit Stefan Braunshausen - hat seine Gemeinde in den langen Rechtsstreit geführt, trat aber nach den ersten beiden Prozessjahren im Dezember 1999 von seinem Bürgermeisteramt zurück. Braunshausen musste damals jede Menge Prügel einstecken: Das Landgericht Trier urteilte, Bürgermeister Braunshausen hätte sich bereits beim Verkauf des Grundstücks bei der Verbandsgemeinde kundig machen und deshalb darauf hinweisen müssen, dass der Eiderberg rutschgefährdet ist. Hier setzt Göderts aktuelle Argumentation an: "Der Gemeinderat Freudenburg ist damals hinters Licht geführt worden. Wenn der Rat über alle Informationen, die die Verbandsgemeinde damals schon hatte, verfügt hätte, dann hätte er sich nicht für den Rechtsstreit entschieden." Die "Informationen, die die Verbandsgemeinde damals schon hatte", von denen Bernd Gödert spricht, sind in Aktenvermerken, Gesprächsnotizen und anderen Schriftstücken festgehalten. Diese Schriftstücke liegen dem TV vor. Sie beweisen, dass der Eiderberg schon lange vor dem Fall Braunshausen gerutscht ist und Schäden verursacht hat.Krisengespräch in der Kreisverwaltung

Sie beweisen, dass es - nach dem die Familie Braunshausen entlastenden Urteil des Landgerichts - 1999 ein Krisengespräch in der Kreisverwaltung gab, in dessen Verlauf Kreisverwaltungsdirektor Martin Böckel einem Berufungsverfahren keine großen Chancen eingeräumt hat. Und sie beweisen, dass Verbandsbürgermeister Günther Schartz in diesem Gespräch "die Ortsgemeinde in der generellen Haftung" sah und auch "eine mögliche Haftung der Verbandsgemeinde" bestätigt hat. Trotzdem gingen Orts- und Verbandsgemeinde - die VG ist nach Paragraph 68 der Gemeindeordnung für die Vertretung der Gemeinde in gerichtlichen Verfahren verantwortlich - in die Berufung.

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