Ein Abend unter Freunden

TRIER. Einen kitschfreien, poetischen Abend präsentierte der Folksänger Tom Liwa im Balkensaal des Exhauses in Trier.

Die einstimmende Meditationsmusik macht klar: Hier wird Sinn gesucht. Als sich die rund 60 Gäste in den Stuhlreihen niedergelassen haben, kommt Tom Liwa auf die Bühne. Der "Flowerpornoes"-Frontmann, barfuß und im abgeschlissenen Anzug auf Solopfaden, entzündet in einer Schale eine Räuchermischung. Er reinigt nach schamanischer Art die Atmosphäre, indem er den Rauch immer wieder durch den Raum trägt, ihn über seine Instrumente streifen lässt - zwei Gitarren und eine Harfe. Dann schenkt Liwa jedem im überschaubaren Publikum einen kurzen Blick, freundlich und prüfend. Er stöpselt die "Halbakustische" ein und legt los. Liwas Lieder sind grundehrliche, herzensgute Poesie - berührend, oft tieftraurig, dabei kitschfrei, selten bizarr und nie zynisch. Sein Vortrag ist entsprechend zurückhaltend. Nur manchmal, wenn die Gitarre nicht mehr gezupft, sondern geschrammelt wird, blitzt der Indierocker in Liwa durch und hüpft ein wenig auf der Minibühne umher. "Etwas ist anders, und etwas ist gleich", singt er, und beschreibt auch damit das Abendprogramm, welches aus Stücken aus seiner Solokarriere besteht, und auch Klassiker der Flowerpornoes beinhaltet, jener Urband des Indiepop, die Liwa vor gut zwanzig Jahren gründete - und die demnächst ihre Wiederauferstehung feiert. Gleich sind die Songs, anders ihre Wirkung, als Konzentrat aus Gitarre und Gesang.Lieder vom "Planet der Affen"

Es braucht seine Zeit, bis die Stimmung endgültig aufgetaut ist, und bald erzählt Liwa auch mal eine Anekdote zwischendurch und erfüllt Liederwünsche, auch wenn die Texte aus dem mitgebrachten Buch abgelesen werden müssen. Perfektion und eine glatte Show sind nicht, was zählt: Dies ist ein Abend unter Freunden. Da braucht man sich auch von widerspenstigen Gitarrensaiten nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Die Zeit des Saiten-Aufziehens überbrückt der Ruhrpottler Liwa dann mit der Hymne des MSV Duisburg. Liwa singt vom "Planet der Affen" und von "Seltsamen Mädchen", und als er das Konzert für beendet erklärt, ist für peinliche "Zugabe"-Rituale einfach kein Platz. Die Harfe bleibt übrigens die 90 Minuten über nahezu ungespielt - so oft hat Liwa sie auf seiner Tour schon gezupft, wo er doch gar keine Lust dazu hatte. Heute zwingt ihn keiner dazu. Es ist eben auch ein Abend unter Freunden.

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