Ein Herz für Merz im März

TRIER. (ae) "Sagen Sie einfach weiter, wie nett es war." Dieser Empfehlung des Merzkünstlers Kurt Schwitters folgt man nach dem Erlebnis einer Wort-Klang-Aktion des Theaterpädagogen Bruno Plum nur allzu gerne. Die Aktion fand anlässlich der Ausstellung "Schwitters und kein Ende" in der Trierer Universitätsbibliothek statt. Seine höchst vergnüglichen Rezitationen öffneten jedes Herz für Merz im März.

 Bruno Plum geht in seiner Wort-Klang-Aktion zum Werk Kurt Schwitters dem "W" aus dem Namen des Merzkünstlers auf den Grund. TV-Foto: Anke Emmerling

Bruno Plum geht in seiner Wort-Klang-Aktion zum Werk Kurt Schwitters dem "W" aus dem Namen des Merzkünstlers auf den Grund. TV-Foto: Anke Emmerling

Dunkel und dumpf vibrierend braust der Laut "WWWW" heran, geformt von einem Mund, der ihn förmlich zu zeichnen scheint. Das große "W" wird zum piepsigen kleinen "wiiii", das seinen Erzeuger inspiriert, sich nach dem "i" umzusehen. Das findet dieser nach Schnuppertest auf die Innensohle seines Schuhs geschrieben. Auch das Publikum im Foyer der Uni-Bibliothek muss auf Letternsuche gehen, verbal ein "sch" beisteuern oder zwei "T" aus der Zeitung ausschneiden, bis die Collage des Wortes "Schwitters" entsteht. Mit umwerfender Mimik und für Lachmuskeln extrem strapaziöser Kunstpausen-Bedächtigkeit agiert und animiert Bruno Plum, Kunsterzieher in Trier und ausgebildeter Theaterpädagoge. Bekannt ist Bruno Plum aus zahlreichen eigenen Produktionen oder Workshops, als Projekt-Werkstattleiter beim Theater oder aus Solo-Programmen mit Dada-Lyrik.Eine Anekdote zur Entstehung

Mit Kurt Schwitters (1887-1948) hat er sich eines Künstlers angenommen, der mit Dadaisten wie Hans Arp zusammengearbeitet hat, sich dann aber von der zu destruktiv empfundenen Richtung mit einer eigenen Kunstform distanziert hat. Zu deren Entstehung liefert Bruno Plum, der nicht nur Schwitters ironischen Humor, sondern auch dessen Faible für Lautmalerei teilt, eine Anekdote. Schwitters habe sich als Kunde der Commerzbank nicht an die eigene Kontonummer erinnern können und geschlossen: "Comm kannste vergessen, Bank auch, bleibt nur noch Merz." Die "Merz-Ein-Mann-Kunst" mit gewollten Assoziationen zu Herz, Kommerz und Scherz schärft spielerisch den Blick für scheinbar Banales - sowohl bildnerisch in Collagen aus Fundstücken, als auch in einem literarischen Werk aus Lyrik, Anekdoten und anderer Prosa. "Was ist ein Ding auf dieser Welt, wenn es womöglich auf den Kopf gestellt wird? Ich denke da an ein großes P - wie blamabel, würde es zum kleinen d", zitiert Plum. Es folgen die "Schwandote" um die von einem Schwan verschluckte Uhr des Künstlers, Wortspielereien wie das "Urgebet der Scholle" oder kecke Lautmalereien wie der "Obervogelgesang" oder "Wien Heldenplatz" des von Schwitters inspirierten Ernst Jandl. Das alles in teils skurrilen Verkleidungen und mit ebensolch rhythmisch-klanglicher Ergänzung per Gartenschlauch oder Blechdose. Im direkten Kontakt mit dem Publikum weckt der Mime dessen Lust, selbst zu "schwittern". Eine Tafel mit Zahlen machts möglich, alle zusammen formen ein Lautgemälde aus gezwitschertem "siebensiebensieben" oder abgehacktem "zehnehnzehn". Entsprechend lustvoll und professionell fällt die gemeinsame Wort-Zeitungs-Collage zum Finale aus, die ganz im schwitterschen Sinne in eine Papierballschlacht mündet. Danach trägt zwar nur Gerhard Schaub, der Initiator der Ausstellung, ein sichtbares, von Bruno Plum überreichtes Herz um den Hals, doch bei allen anderen schlägt es dafür laut für Merz im März. Die Ausstellung "Schwitters und kein Ende" ist bis 31. März im Foyer der Uni-Bibliothek zu sehen.

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