Ein Jahr der Herausforderung - Neujahrsempfang der Vereingung Trierer Unternehmer

Trier · Die Vereinigung Trierer Unternehmer hat bei ihrem Neujahrsempfang mit der Themensetzung wieder einmal mehr ein feines Händchen bewiesen: „Europa in der Populismusfalle?“ unter diese Frage stellte Festredner Professor Udo di Fabio seinen Vortrag und gab den rund 500 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung Anregungen mit in das noch junge Jahr.

Ein Jahr der Herausforderung - Neujahrsempfang der Vereingung Trierer Unternehmer
Foto: Klaus Kimmling (Kik) ("TV-Upload Kimmling"

Trier. "Der Westen ist in Krisen sehr stark." Festredner Professor Udo di Fabio, Direktor des Instituts für öffentliches Recht an der Uni Bonn, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., Publizist und Träger zahlreicher Auszeichnungen entließ seine Zuhörer beim VTU-Empfang mit einem Schuss Optimismus.

Zuvor hatte er den Zustand der Europäischen Union seziert, die Währungs- und Finanzkrise, die Flüchtlingsproblematik und den Zusammenhalt in der Gemeinschaft analysiert. Damit untermauerte er die Bedenken, die seine Vorredner angebracht hatten. Frank Natus, Vorsitzender VTU, zeichnete bei seiner Begrüßung ein recht ambivalentes Resümee des vergangenen Jahres: wirtschaftlich gut, "aber 2016 war eben auch erneut stark geprägt von der Flüchtlingsthematik, dies einhergehend mit extrem emotionalen und populistischen Diskussionen, gravierenden Wahlausgängen und Volksabstimmungen wie dem Brexit." Tragischer Höhepunkt sei dann der Anschlag von Berlin gewesen.

Natus: "Die spürbare Lust der Rechtspopulisten, diese Terrorakte politisch auszuschlachten, ist abstoßend und widerlich." Unter diesem Eindruck blieben diesmal die wirtschaftlichen Forderungen der VTU (Ausbau der Infrastruktur, Breitbandausbau, PKW-Maut etc) im Hintergrund. 2017 steht auch für den VTU-Chef unter dem Zeichen einer großen gesellschaftlichen Herausforderung, die westlichen Werte und die Demokratie gegen alle Krisen zu verteidigen. Von der Politik fordert Natus, etwa Flüchtlinge aus Tunesien, Marokko und Algerien "konsequenter als bisher auszuweisen". "Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak sind Menschen, die vor Terror und aus Angst um ihr Leben nach Europa fliehen. Hier muss doch ein reiches Land wie Deutschland, erst Recht mit unserer Geschichte des 1. Und 2. Weltkriegs, humanitäre Hilfe leisten und diesen Menschen Zuflucht gewähren."

Ministerpräsidentin Malu Dreyer stimmte dem VTU-Chef zu. "Ausreisepflichtige Flüchtlinge gehören auch abgeschoben." Um den Informationsfluss zwischen allen verantwortlichen Stellen noch zu verbessern, werde sie demnächst zu einem Spitzentreffen einladen. "Ich möchte, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger sicher fühlen", so Dreyer. Doch sie nahm diese auch in die Pflicht. "Wählen gehen, ist erste Bürgerplicht." Der Brexit habe vor allem dies gezeigt. Wenn junge Menschen ihr sagten, die alten hätten ihre Zukunft aufs Spiel gesetzt, müsse man doch auch sehen, dass viele junge Menschen in Großbritannien gar nicht abgestimmt hätten. Ihr Appell für das Bundestagswahljahr 2017 : "Alle müssen sich für die Demokratie engagieren."

Das dies in den kommenden Monaten keine einfache Aufgabe wird, macht Udo di Fabio mehr als deutlich. Die Populismusfalle dürfe man nicht als ein von Populisten ausgelegten Hinterhalt ansehen, sondern als eine Herausforderung, der sich Europa bei den derzeitigen Krisen stellen müsse und immer dort zur Falle würde, wo dies nicht oder schlecht gelingt. Dann sei es so, dass Populisten diese Schwäche ausnutzten. So könnte man zwar den aufkommenden Populismus mit Bildungsprogrammen und besserer Informationspolitik entgegenwirken, dies sei wichtig, aber: "Nur ein wenig Staatsbürgerkunde 2.0 reicht nicht aus."

Di Fabio sieht ein Problem darin, dass die Integrationsgeschichte der EU eben nicht gradlinig sei. Seine Hoffnung vor zehn Jahre, dass sich die EU zu einem Bundesstaat hin entwickle, sei nicht eingetreten. "Wir haben immer noch einen Staatenverbund", fasste er zusammen. "Das hat etwas von einem Schönwettersystem. Aber bei schlechtem Wetter und in Krisen funktioniert es nicht gut." Und hier setzten die Populisten an, die rechten Populisten, die den geschlossenen Nationalstaat fordern, die linken die gegen Globalisierung und Wirtschaft wetterten
Doch Udo di Fabio sieht nicht im aufkeimenden Populismus das größte Problem. "Viel gefährlicher sind die autokratischen Staaten."

Europa sei hier gefordert sich als Gegengewicht zu entwickeln. Europa und Deutschland hätten durchaus Grund mit Selbstbewusstsein aufzutreten. Und auch deshalb endete der Professor mit seinem hoffnungsvollen Ausblick auf 2017: "Ich hoffe, dass Marine le Pen nicht französische Präsidentin wird. Ich hoffe, dass der Brexit nicht so hart ausfällt, sondern eher abgeschwächt, als ,kleiner Brexit‘. Und ich hoffe, dass Herr Wilders in den Niederlanden scheitert. Doch dafür sei eben eine streitbare Demokratie notwendig, in der auch hart um die Sache gerungen wird.

VTU-Chef Frank Natus gab zum Abschluss seine Losung für 2017 aus: "Wir müssen uns alle für unsere Demokratie engagieren."

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