Ein Kirchenmann, der sagt, was er denkt

Er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Auffassung der katholischen Kirche zur Verhütung mit Kondomen geht und er hat dafür seinen Grund: Pfarrer Stefan Hippler kümmert sich im südafrikanischen Kapstadt um Aids-infizierte Menschen und bekommt viel Leid zu sehen. Zur Lesung aus seinem Buch gastierte er in seiner Heimatstadt Bitburg.

Bitburg. "Wer hat schon mal einem Aids-infizierten Menschen die Hand gegeben?", fragt Pfarrer Stefan Hippler unmittelbar vor der Lesung aus seinem Buch "Gott-Aids-Afrika", das er zusammen mit Bartholomäus Grill, Leiter des Afrika-Büros der Wochenzeitung "Die Zeit", herausgegeben hat. Von mehr als 200 Menschen, die sich in der Pfarrkirche St. Peter in Bitburg versammelten, meldete sich auf die eingangs gestellte Frage kaum eine Hand voll. Ein Anlass mehr, die Zuhörer über die katastrophalen Zustände in Afrika zu informieren. Neben einer Pfarrgemeinde in Durban betreut Hippler, der in Bitburg aufgewachsen ist, seit fast elf Jahren die deutschsprachige Gemeinde in Kapstadt. Eine Station seines bewegten Lebens, an der Hippler 2001 die Gründung von "Hope Cape Town" initiierte - ein Projekt, das kürzlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Afrika-Reise besucht wurde (der TV berichtete). Hippler schilderte Einzelschicksale von Aidskranken wie das des zehnjährigen Fareed, dem eine vorgezogene Geburtstagsfeier die letzte Freude bereitet. "Solche Schicksale halten die Verzweiflung und Hoffnung im Herzen wach", sagt Hippler. "Meine Auffassungen gehen nicht immer konform mit der katholischen Kirche", gesteht der 47-Jährige. Vor allem was die Verhütungsfrage betrifft, nimmt Hippler kein Blatt vor den Mund. 5,6 Millionen Menschen seien in Afrika HIV-positiv, 2000 Menschen stecken sich jeden Tag an, "so viele wie in Deutschland in einem Jahr". Aids mache den Verantwortlichen in der Kirche Angst. Die Antwort auf die Frage des Schutzes beim Geschlechtsverkehr stehe noch aus. "Wenn Rom sich ändert", würde sich auch die Situation in Afrika verändern, antwortet Hippler auf die Frage eines Zuhörers. Das Buch "Gott-Aids-Afrika", das gleichzeitig eine Streitschrift "wider die Engstirnigkeit, Sexualfeindlichkeit und Realitätsverweigerung der katholischen Kirche angesichts des afrikanischen Massensterbens", ist, liegt seit dem 11. September dem Papst vor. Hippler ist gespannt auf die Antwort. Das Buch ist im Verlag Kiepenheuer&Witsch, Köln, erschienen (17,90 Euro; ISBN 978-3-462-03925-2).

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