Ein Krankenhaus nur für Pferde

Eine schwere Kolik oder Verletzung ist für viele Pferde in der Region Trier bisher das Todesurteil gewesen. Denn der Transport zur nächstgelegenen Spezialklinik Richtung Köln oder Saarlouis dauerte zu lange. Nun hat die Tierärztin Dorothée Gondert mit ihrem Team eine stationäre chirurgische Pferdepraxis in Trier eingerichtet.

 Prüfender Blick: Die Tierärztinnen Nina Höhensteiger (links) und Dorothée Gondert bei der Operation eines Pferdes. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Prüfender Blick: Die Tierärztinnen Nina Höhensteiger (links) und Dorothée Gondert bei der Operation eines Pferdes. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. Leonardo liegt auf dem Rücken, streckt alle viere in die Luft; er schläft tief und fest. Atmung, Herztöne und Puls hat Nina Höhensteiger im Visier, ihr Blick schweift immer wieder vom Monitor zu dem zweijährigen Hengst, der auf dem OP-Tisch in der Pferdepraxis Trier liegt. "Pferde sind schwierige Patienten", weiß die 30-jährige Narkose-Spezialistin. Ihr Kollege Eric Rothhaar (33), der wie die Trierer Tierärztin Dorothée Gondert (30) zum Team gehört, ergänzt: "Sie sind im Vergleich zum Menschen empfindlicher, man muss noch sorgfältiger arbeiten."

Ursprünglich wollte Gondert eine tierärztliche Fahrpraxis eröffnen; Spezialgebiet Pferdemedizin, die seit September besteht. Doch Mitte April lernte sie - ganz modern - Rothhaar und Höhensteiger via Internet kennen. Beide haben auf dem Gestüt von Paul Schockemöhle in Mecklenburg-Vorpommern Erfahrung gesammelt und Tierarzthelferin Romy Kruse mitgebracht.

"Die Chemie hat sofort gestimmt", eine Idee sei gereift, und Gondert warf ihr Konzept kurzerhand über den Haufen. In knapp sechs Monaten entwickelte das Trio aus der ehemaligen Lebensmittelabgabe der französischen Streitkräfte in der Metternichstraße eine Pferdeklinik. Eine Konversionsgeschichte, die auf privater Initiative gründet und Trier ein weiteres Stück Zentralität verleiht, wie Arne Rössel, Geschäftsführer der IHK Trier, bei der Einweihung der Praxis betonte.

Denn erstmals gibt es in der Region eine tierärztliche Klinik, in der Pferde nicht nur ambulant, sondern stationär behandelt werden. Dazu steht ein Operationssaal mit modernen Diagnose- und Überwachungsgeräten zur Verfügung. Eine OP verlaufe ähnlich wie in der Humanmedizin, erklärt Rothhaar und legt Leonardo eine Braunüle, spritzt ihm ein Beruhigungsmittel. Dann führt er den vierbeinigen Patienten in eine der beiden Narkoseboxen. Die sind gepolstert, damit sich die Tiere beim Hinlegen nicht verletzen. Ein Kran hievt dann das 450-Kilogramm schwere Pferd auf den extragroßen, variabel einstellbaren OP-Tisch. Dort schließt Höhensteiger EKG und Beatmungsgerät an. Pferde, die liegend in der Klinik ankommen, können direkt im Hänger narkotisiert und mit einer zweiten Kranbahn in den OP gehievt werden. Für die Nachversorgung der frisch operierten Tiere stehen drei Intensivboxen - drei weitere sind bereits im Bau - und ab 2010 eine Quarantäne- sowie zehn Außenboxen bereit. Dort wird auch ein drittes Behandlungszimmer eingerichtet. Eine Konkurrenz zu anderen praktizierenden Ärzten sieht Rothhaar nicht: "Wir wollen das Tierarztangebot in der Region erweitern." Extra Pferdepraxis: In der Pferdepraxis werden neben akuten Krankheiten wie Koliken auch solche des Bewegungsapparates, der Haut, Muskeln, Augen und Zähne operiert. Als Untersuchungsmethoden stehen Röntgen, Ultraschall und Endoskopie zur Verfügung. Auch an einen Huf-orthopäden ist mit einem überdachten Schmiedeplatz gedacht. Um Krankheiten in Bewegung diagnostizieren zu können, gibt es eine Trabbahn und einen Longierzirkel. Auf der 6000 Quadratmeter großen Außenanlage stehen zudem Paddocks bereit. (mehi)

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