Ein Leben wie in einer Postkarte

Für Bill Argent war in Deutschland erst einmal alles fremd. Mittlerweile ist er seit fast 20 Jahren hier und fühlt sich pudelwohl. Auch weil das Land seiner Heimat mehr ähnelt, als erwartet.

 Der US-Amerikaner Bill Argent lebt, mit Unterbrechungen, seit 20 Jahren in Deutschland. Er vermisst nichts, denn „Deutschland ist das am meisten amerikanisierte Land der Welt.“ TV-Foto: Anita Lozano

Der US-Amerikaner Bill Argent lebt, mit Unterbrechungen, seit 20 Jahren in Deutschland. Er vermisst nichts, denn „Deutschland ist das am meisten amerikanisierte Land der Welt.“ TV-Foto: Anita Lozano

Trier. Ausgerechnet die Liebe war es, die den damals 26-jährigen US-Amerikaner William "Bill" Argent an Deutschland band. "Wir haben mehr als zwei Jahre eine Fernbeziehung geführt. Die Telefonrechnungen beliefen sich auf monatlich bis zu 300 Dollar", erzählt er und schmunzelt. "Heute klingt das total albern. Aber das ist eben wahre Liebe."Kennen gelernt hatte der Südstaatler aus North Carolina seine heutige Gattin Frauke Krzykowski während eines Austauschjahres an der Technischen Universität Berlin im Jahre 1987/88. Dabei war der erste Eindruck in Berlin eher ernüchternd. "Als ich ankam, sah ich überall deutsche Schilder", lacht er, und fügt hinzu: "Da erst wurde mir klar: Oh, es ist anders hier."1990 zog er endgültig nach Berlin und arbeitete unter anderem als Englischlehrer an Privatschulen oder VHS-Kursen. Die Arbeit gefiel ihm so gut, dass er sich fortbildete und schließlich als Lektor zur Uni Trier kam. "Es ist hier, als ob man in einer Postkarte lebt", lacht Argent. Die Trierer seien sehr aufgeschlossen. "Als äußerlich unauffälliger Amerikaner bin ich ein akzeptierter Ausländer", sagt er. Sein Deutsch ist hervorragend, und dieser Vorteil ist ihm auch bewusst. "In Trier kann ich damit punkten, da hier viele Amerikaner herumlaufen, die kein Wort Deutsch sprechen."Von Vorurteilen bleibt er dennoch nicht verschont. "Bereits im ersten Semester warf mir ein Kollege vor, dass ich als ungebildeter Ami nicht zwischen Australien und Österreich (englisch: Austria, d. Red.) unterscheiden könne. Das kam von einem gebildeten Professor!" Und wenn er für Gäste kocht, sind diese oft überrascht. "Die erwarten dann Hamburger oder Rippchen. Als Hobbykoch serviere ich aber lieber etwas aus der französischen Küche."Die Mentalität sorge auch manchmal für Missverständnisse. "Im Gegensatz zu den Amerikanern neigen die Deutschen dazu, nur im Privaten humorvoll zu sein." Er selbst versuche, seinen Unterricht so locker wie möglich zu gestalten, "doch gelegentlich nehmen mich die Studenten dann nicht ernst." Umgekehrt hinterließen aber auch deutsche Wesenszüge Spuren an ihm. So habe er das Direkte der Deutschen angenommen, was besonders in den um Höflichkeit bemühten Südstaaten auffalle.Während des Irak-Krieges grüßten einige nicht mehr

Etwas Antipathie bekam Argent zu spüren, als Amerika seinen Krieg gegen den Irak startete. "In dieser heißen Phase grüßten mich plötzlich Kollegen aus anderen Fächern nicht mehr." Doch seine Studenten ließen sich davon nicht beeindrucken. "Für sie war ich weiterhin einfach Bill, mit dem sie darüber diskutierten. Das macht mich stolz."Insgesamt fühle Argent sich hier sehr wohl. "Sicher, ich vermisse meine Familie, und ganz krass vermisse ich einen richtig leckeren Hot Dog zu einem Baseball-Spiel", lacht er. "Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich es wieder so machen." TV-Sommerserie Sie kommen aus Kamerun, den USA, Griechenland und anderen Teilen der Welt: Menschen, die sich die Stadt Trier als eine der Stationen ihres Lebens ausgesucht haben. Ein Team von TV-Mitarbeitern suchte das Gespräch mit ihnen und wollte wissen, warum sie in Trier gelandet sind, was sie an Land und Leuten besonders schätzen, und in welchen Punkten sie sich im Vergleich mit ihrer jeweiligen Heimat gewaltig umstellen mussten. Dabei kamen hochinteressante Sichtweisen und Momentaufnahmen der alten Römerstadt heraus, die wohl auch erfahrene Trierer in dieser Form noch nicht kennen.

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