Ein Meer aus Fahnen und Fans

TRIER/TRIER-SAARBURG. Die ganze Region feiert! In Konz, Saarburg und Trier fand das Leben gestern Abend auf den Straßen statt – fast ein bisschen südamerikanisch, obwohl genau die Südamerikaner gestern Abend nichts zu feiern hatten.

Ginge es zu wie auf einem Parteitag, wo die Zuneigung zum frisch gekürten Vorsitzenden an den Applaus-Minuten gemessen wird, müsste Jens Lehmann der nächste Kanzlerkandidat werden. Denn als Lehmann zum zweiten Mal einen Elfmeter der Argentinier hält, verwandeln sich die tausend Fans, die alleine auf dem Trierer Kornmarkt den Fußballkrimi geguckt haben, in einen riesigen Chor. "Danke, Lehmann, du bist unser Held!", singen sie. Es gibt kein Halten mehr, Männer liegen sich - nass geschwitzt von der zurück liegenden Aufregung - minutenlang in den Armen. Die Mädchen kreischen und hüpfen und klatschen. Zwischen dem Meer aus Deutschlandfahnen ist die Handvoll blau-weißer Flaggen der Argentinier, die sich nach dem ersten Tor ihrer Mannschaft aus dem "Irish Pub" herausgewagt haben, nicht mehr zu sehen. "Jetzt werden wir Weltmeister! Und im Finale gegen Brasilien gibt's die Revanche für 2002", ruft Marco, der sich während des Spiels angespannt in seinen Stuhl gepresst hat. Jetzt ist die Anspannung weg und die Mädchentruppe, die sich ein paar Stühle weiter freut, schnell in die Partyrunde integriert. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!", singt Lena. Und auch Steffi ist erleichtert: "Beim Elfmeterschießen ist es zwischendurch schon schwer gefallen, hinzusehen." Und während der Trierer Benjamin Brinker das Spiel kühl analysiert - "Wir waren anfangs wohl ein bisschen übermotiviert", kreischt Anne nur: "Das war purer Amok!" Aus allen Fenstern und Sonnendächern der Autos, die sich auf der Stresemannstraße aneinander reihen, quillen Oberkörper und Deutschlandfahnen. "Aussteigen, aussteigen!", skandiert der Pulk, der den Korso an der Ecke Nagelstraße anhält. Es gibt kein Erbarmen: Jeder Autofahrer muss aussteigen, zweimal die Deutschlandfahne hin und her schwenken - dann erst darf er weiterfahren. Die Autos schlängeln sich durch die Hindenburgstraße bis zum Alleenring. Immer länger, immer mehr Fahnen, dazu ein ohrenbetäubendes Hupkonzert. "Die Stimmung ist super!", ruft Björn Schulze aus Trier, "so muss das sein!" Durch die "Lehmann, Lehmann"-Rufe hindurch singt Rexhep Duraku alleine vor sich hin. "Der beste Fußballer der ganzen Welt ist Philipp Lahm", ist der Kroate überzeugt. "Den darf uns Chelsea einfach nicht wegnehmen!" Bis 21 Uhr meldete die Trierer Polizei keine Unfälle oder andere ernsthafte Zwischenfälle. Das nächste Spiel der Deutschen am Dienstag, 21 Uhr, wird am Zurlaubener Ufer auf zwei Großleinwänden übertragen. Die Wiesenhänge dienen als Sitzplätze.

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