Ein Platz zum Wurzelnschlagen

EHRANG. Auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Lautwein können Frauen in einem Internationalen Frauengarten Gartenparzellen bewirtschaften. Angesprochen sind alle Frauen, die über das Gärtnern Kontakt zu anderen gewinnen möchten.

Der Internationale Frauengarten ist eine gute Idee - soviel wird auf den ersten Blick klar. Der zweite Blick verrät: Die Umsetzung ist nicht ganz einfach. "Uns ist klar, dass wir einen langen Atem brauchen", sagt Bettina Mann, Diplom-Psychologin vom mit initiierenden Trierer Frauennotruf. Sie habe jede Menge von interessierten Anrufen gehabt. Zweiter Frauengarten in Deutschland

Aber nur eine Handvoll von Frauen sind der Einladung zur Kartoffelsuppe und zum Kennenlernen am Donnerstagabend in das weitläufige Gelände an der Ehranger Straße 100 b gefolgt. Darunter eine Ehrangerin, die gleich mit der konkreten Idee aufwartet, Kartoffeln anzubauen. Gegen ein paar Euro Pachtgebühr an den Frauennotruf, der wiederum das 4000-Quadratmeter-Areal von der ehemaligen Gärtnerei angepachtet hat, bekommt frau eine Parzelle. Zwar fließen EU-Mittel in das Projekt, doch die tatsächlichen Kosten decken sie bei weitem nicht. Mit der geringen Pachtgebühr soll den Frauen die Verantwortung für ihr Gartengrundstück verdeutlicht werden. Obwohl viele blühende Blumen und Kürbisse bereits auf längere Gartenarbeit in dem ansonsten stillgelegten Areal deuten, befindet sich das Projekt noch immer in der Startphase. Außer in Kassel gibt es deutschlandweit keinen anderen Internationalen Garten, der ausschließlich für Frauen da ist. Ziel des Projekts: Möglichst viele Frauen, die entweder Gewalt in ihrem Leben erfahren haben oder die zugezogen sind, oftmals entwurzelt und sozial isoliert in der Region leben, in Kontakt zu einheimischen Frauen zu bringen. Beziehungen zu anderen aufbauen, Spracherwerb, Weitergabe von Wissen oder einfach nur Spaß am Gärtnern: Es gibt gleich mehrere Gründe, Frauen den Internationalen Frauengarten nahe zu bringen. "Aber gerade die Migrantinnen zu erreichen, ist sehr schwer", räumt Mann ein - oft lesen sie keine Zeitung. In der Tat ist bei dem Treffen nur eine "Ausländerin" in Person einer Allgäuerin mit von der Partie, die sich später durchaus vorstellen kann, im Frauengarten mitzumachen. Ein Gewächshaus und Frühbeete stehen allen Frauen zur Verfügung, genauso wie Gartengeräte. Selbst ein Kompostklo fehlt nicht in dem Gelände. Organisatorinnen bitten um Mundpropaganda

Als nächstes wolle sie die vielen verstreuten, noch aus Gärtnereizeiten vorhandenen Kräuter ordnen, sagt Heidi Weis, die seit Beginn des Gartenprojekts ihrer Freundin Bettina Mann "stützend zur Seite" steht. "Da würde ich gerne mithelfen", fügt die erwähnte Ehranger Frau spontan hinzu. Ein Kartoffelbeet, mit dem sie nicht viel Arbeit habe. Dazu ein Kräutergarten, durch den sie sich nach und nach Kenntnisse über Heilkräuter verschaffen könne, überlegt sie laut - Begeisterung und Vorfreude sind der anfangs eher skeptisch blickenden Frau nun deutlich anzusehen. Informationen beim Frauennotruf unter Telefon 0651/49777 oder beim Migrationsfachdienst des Diakonischen Werks unter Telefon 0651/2090043. Die Organisatorinnen freuen sich über Mundpropaganda. Wer Migrantinnen oder sozial isolierte Frauen kennt, sollte sie auf das Angebot des Internationalen Frauengartens aufmerksam machen.

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