Ein Prosit auf Karl Marx

TRIER. Mit "Wein-Kultouren", die seit drei Jahren von Weinerlebnisbegleitern angeboten werden, sollen Einheimischen, Gastronomen und Touristen Geschichte und Weinanbau anschaulich vermittelt werden: Neu im Porgramm. die Karl-Marx-Führung.

Am Mittwoch starteten gleichzeitig 22 von insgesamt 70 Weinerlebnisbegleitern an Mosel, Saar und Ruwer ihre "Wein-Kultouren". So auch in Trier, wo Jens Baumeister mit einer 18-köpfigen Besuchergruppe der spannenden Frage nachging: "Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte". Der 36-Jährige aus Schleswig gehört zu einem der ersten von der Industrie- und Handelskammer ausgebildeten Weinerlebnisbegleitern, bietet schon lange Führungen zur Wein- und Stadtkultur an und hat dieses Jahr die Karl Marx-Führung neu in sein Programm aufgenommen.Etliche Anekdoten und viele Details

Die große Politik bleibt dabei allerdings außen vor. Es geht um den Alltag von Karl Marx, seine Familie und die Sozialgeschichte von Trier im 19. Jahrhundert. Im Gepäck hat der blond bezopfte Jens Baumeister etliche Anekdoten und viele Details über das Leben von Karl Marx. "Mit seinen Artikeln als Chefredakteur bei der Rheinischen Zeitung über die Not der Winzer an der Mosel setzte Marx sich zum ersten Mal mit ökonomischen Fragen auseinander", erklärt Baumeister der Besuchergruppe. Unter ihnen sind auch einige Gästeführer, die ihre geschichtlichen Kenntnisse erweitern oder auffrischen wollen. Die Gruppe startet am Karl-Marx-Haus, wo er am 5. Mai 1818 geboren wurde. Das Haus Venedig, einem früheren Hotel, in dem Marx mindestens zweimal wohnte, ist die nächste Station. Es folgt der Kornmarkt, auf dem Baumeister die Bedeutung der Casino-Gesellschaft erläutert. Immer wieder findet er den Bezug von Marx zum Wein, dessen Familie in Kürenz und bei Mertesdorf Weinberge besaß. Geschickt flicht Baumeister lokale Originale wie Fischer Matthes ein, der wohl kein Freund der preußischen Regierung war, denn Mattes soll gesagt haben: "Ich mach' alles mit, wenn es nur gegen die Preußen geht." Einen erfrischenden Bezug zum Wein erfahren die Kulturbeflissenen dann im Palais Kesselstatt, wo sie mit Sekt und Riesling bewirtet werden. "Prosit heißt: Es möge nützen", meint Baumeister, sein Glas erhebend. Es nützte sicherlich, in Anbetracht der umfassenden Informationen, die es im Laufe von 150 Minuten hagelte. Beispielsweise, dass Sekt in Trier schon in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts hergestellt wurde. "Nicht zu glauben, dass etwas in Trier früher als anderswo passierte", schmunzelt ein Gast süffisant. Der geschichtliche Wein-Marx-Rundumschlag des "Teilzeit-Archäologiestudenten" Jens Baumeister endet an dem Marx´schen Wohnhaus in der Simeonstraße. "Die nächsten Karl-Marx-Führungen werde ich umstellen", sagt Baumeister selbstkritisch, "für Leute, die nicht so viel Zeit mitbringen”. Die Wein-Kultour "Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte" ist ab sofort buchbar über die Trierer Touristinformation.

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