Ein Schmuckstück namens Dietrich

TRIER. Jahrelang wurde in der Dietrichstraße gebaut. Jetzt sind Dreck und Lärm so gut wie verschwunden und in die leer stehenden Geschäfte neue Mieter eingezogen. Der Mix aus altem Handwerk und Einrichtung gibt der Straße ein besonderes Flair.

Beinahe fünf Jahre lang staubte und lärmte es in der oberen Dietrichstraße: Erst wurde die Steipe saniert, dann der Goldene Ochse. Gleichzeitig wurde das baufällige Haus, in dessen Erdgeschoss einst die Studentenkneipe "Dietrich's" zu finden war, abgerissen und in die Baulücke ein neues Wohn- und Geschäftshaus gesetzt. Der dauernde Baubetrieb machte nicht nur das Wohnen in der Straße ungemütlich. Auch auf Kunden wirkten die Baustellen nicht gerade anziehend: Zwei Geschäfte - der Schuhladen Fly und das Einrichtungsgeschäft Raumtraum - gaben wegen zu wenig Publikumsverkehr sogar auf. Die Raumtraum-Räume standen über ein Jahr leer, das ehemalige Schuhgeschäft mehrere Monate. Zurzeit stört den Glanz der kleinen aber feinen Straße nur noch wenig: Lediglich an zwei Stellen ist der Straßenbelag noch aufgebrochen, die Fassade des neuen Wohnhauses ist im Erdgeschoss noch nicht verputzt und Haus Nummer 49 ist eingerüstet, weil es einen neuen Anstrich bekommt. Mit dem Zuendegehen der Bauarbeiten erwacht das geschäftliche Leben neu: Zum 1. September startete der Eifeler Nobel-Möbel-Hersteller Hubor&Hubor im ehemaligen Schuhgeschäft Fly mit dem Abverkauf von Rest- und Einzelstücken. Zum 21. September eröffnete die Einrichtungskette "Mambo" im ehemaligen Raumtraum. Urgestein kehrt zurück

Und in der letzten Woche kehrte ein Urgestein zurück: Schumachermeister Günter Platz ist wieder an seinem angestammten Ort tätig - als Angestellter in den eigenen Räumen. Guido Poss - Inhaber des benachbarten Orthopädiefachgeschäfts und ebenfalls Schuhmachermeister - hat die Räume von Günther Platz gepachtet und den Schuhmachermeister eingestellt. Nachdem der Vorpächter seinen Standort vor zwei Monaten in die Treviris-Passage verlegt hatte (der TV berichtete) geht damit der Betrieb in der Traditionswerkstatt unter dem Namen "Der Schuhmacher am Frankenturm" weiter. "Es ging mir darum, die alte Schuhmacherei zu erhalten", erklärt Poss. "Und ich wollte gerne wieder arbeiten", sagt der 65-jährige Platz, der sich im Januar in den Ruhestand zurück gezogen hatte. "Zu Hause ist es zwar auch schön, aber mein Herz hängt an der Schuhmacherei." Die Schuhmacher-Werkstatt ist nicht der einzige Traditionsbetrieb in der Dietrichstraße: In der Buchdruckerei nebenan, die mit ihren vielen alten Setzkästen aus glänzendem Holz an ein Museum erinnert, gestaltet der 80-jährige Nikolaus Gross immer noch die Druckvorlagen für Glückwunsch- und Trauerkarten, Weinetiketten und Visitenkarten per Hand. "Dass alle Geschäfte vermietet sind, bringt deutlich mehr Publikumsverkehr", sagt Annette Laux, Inhaberin des Musikfachgeschäfts Hans Kessler. "Seit die Baustelle weg ist, herrscht wieder ein ganz anderes Flair in der Straße." Auch Sonja Schweinheim, die in der Straße ein Änderungsatelier betreibt, freut sich über die größere Kundendichte: "Wir haben zwar eigentlich eher selten Laufkundschaft, aber ich freue mich natürlich sehr, dass die Baustellen weg und alle Läden wieder besetzt sind." Kundenstrom fließt an der Straße vorbei

Hubor&Hubor hat lediglich für seinen dreimonatigen Abverkauf die Räume in der Dietrichstraße gemietet. Das Geschäft würde zwar gut angenommen, aber der Kundenstrom fließe vom Hauptmarkt aus eher an der Nebenstraße vorbei, urteilt Jürgen Stuhlträger. "Viele wissen nicht, wie viele Geschäfte es hier noch gibt", sagt der Mann von Hubor&Hubor. Auch Mambo-Inhaberin Simone von Fintel ist mit dem Standort Dietrichstraße zwar ganz zufrieden, aber: "Es muss noch eine Menge getan werden, damit die Straße richtig angenommen wird." Beim Blick in die Straße vom Hauptmarkt aus sehe die Dietrichstraße nicht wie eine "Shopping-Straße" aus. "Ich habe auch gehört, dass die Straße in der Adventszeit nicht weihnachtlich beleuchtet ist - das würden wir gerne zusammen mit den Nachbarn ändern."

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