Ein Spaßprojekt für kleine Patienten

TRIER. Fatma strahlt. Sie legt den gelben Ballon auf den gelben Kreis des Spielplans. "Gut gemacht", lobt Mathilde Stadler, und das zweieinhalbjährige Mädchen strahlt aufs Neue. Stadler ist eine von 37 Frauen, die sich in den Kinderstationen des Mutterhauses der Borromäerinnen um die Betreuung der kleinen Patienten kümmern.

Die Glasscheiben der Türen sind mit Janosch-Figuren bemalt, an der Wand zwinkern sich Mogli und Puh zu. Neben dem Eingang zum Untersuchungszimmer macht das Bild eines Teddys mit blauer Schürze Mut. Keine Frage, die Kinderstationen des Mutterhauses sehen viel fröhlicher aus als Krankenhäuser für Erwachsene. Fast könnte man meinen, man befinde sich in einem riesigen Spielzimmer - wären da nicht all die medizinischen Apparate und die Schwestern in ihren weißen Kitteln.Auch Fatma ist an ein Gerät angeschlossen, das ihre Herz- und Kreislauffunktionen überwacht. Mehrere Kabel verschwinden unter ihrem Schlafanzug. Fatma ist sozusagen Stammgast in der internistischen Kinderabteilung, regelmäßig muss sie sich Chemo-Therapien unterziehen. Anfangs war Fatma kontaktscheu, erzählt Mathilde Stadler, doch mittlerweile haben sich die beiden ins Herz geschlossen.Sie müssen längere Zeit im Krankenhaus bleiben, kommen von weit her oder haben berufstätige Eltern - die Gründe, warum die Patienten des Kinderkrankenhauses jemanden brauchen, der sich um sie kümmert, sind vielfältig, sagt Anna Maria Duplang, die Leiterin der Kinderbesuchsgruppe des Kinderschutzbundes (KiBU). Da dem Klinikpersonal meist die Zeit fehlt, sich länger mit den Kindern zu beschäftigen, springen Duplang und ihre Mitstreiterinnen in die Bresche.Spielen, basteln, lesen - die Frauen der Kinderbesuchsgruppe versüßen den oft langweiligen Krankenhaus-Aufenthalt. "Wir haben ein Spaß-Projekt", sagt Duplang. Dabei profitieren die Besucherinnen davon, "nichts von den Kindern zu wollen", wie es Maria Zenz, die Pflegedirektorin der Kinderkrankenpflege, ausdrückt: "Wir vom Pflegepersonal sind immer die Wissenden, die Fordernden." Da seien die Kinder für jemanden dankbar, "der nur für sie da ist".Einfach nur da sein - nach diesem Konzept arbeitet der Besuchsdienst seit zehn Jahren. "Diese Kontinuität ist wichtig", betont Elke Boné-Leis, die stellvertretende Vorsitzende. Die meisten der Frauen, die zwischen 20 und 70 sind, haben mehrere Jahre Erfahrung. Mittlerweile gibt es so viele Interessentinnen, dass Boné-Leis regelmäßig Interessentinnen abweisen muss.Dabei ist die Arbeit mit den Kindern nicht einfach: Nicht selten handelt es sich um schwer oder gar unheilbar Kranke. Aber auch bei den weniger schlimmen Fällen ist oft pädagogisches Geschick gefragt. Gefragt sind auch Zuverlässigkeit und Ausdauer, denn jede der Frauen verbringt mindestens zwei Stunden pro Woche im Krankenhaus. Zudem findet einmal im Monat eine verpflichtende Supervision statt, einmal pro Jahr eine Fortbildung. Kein Wunder, dass Duplang ihre Arbeit "Dienst" nennt, und die Einteilung der Frauen den "Dienstplan".Von all dem weiß Fatma wenig. Sie legt weiter Papierballons auf die farblich passenden Kreise auf dem Spielplan und lacht vergnügt. Die Wurstsemmel auf dem Bett würdigt sie ebenso keines Blickes wie das Fernsehen auf dem Tisch. Es läuft "Heidi", Fatmas Lieblingsserie. "Wir gewinnen fast immer gegen Gameboy und Fernseher", sagt Duplang. Als sie zusammen mit Mathilde Stadler das Zimmer verlässt, nimmt Fatma davon kaum Notiz. Sie weiß, die beiden werden wiederkommen.

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