Ein Stein, wo einst die Kirche stand

TRIER. Wer im Stadtteil Zewen die Kirchenstraße entlanggeht, wird vergeblich nach einem Gotteshaus Ausschau halten. Denn dort, wo sich einst die Gläubigen zum Gebet versammelten, parken heute Autos im Schatten einiger Bäume. Die alte Kirche wurde 1975 abgerissen - doch seit einigen Jahren erinnert ein Gedenkstein an ihre einstige Existenz.

Man schrieb das Jahr 1805, als Zewen - bis dato der Domdechanei Trier angeschlossen - zur eigenständigen Pfarrei mit eigenem Pfarrer erhoben wurde. Schon zuvor hatte es immer wieder Klagen gegeben, dass die alte Pfarrkirche St. Martinus an der Kordelstraße hoch über den Giebeln des Dorfes zu klein geworden sei. Also bauten die Zewener ein neues Gotteshaus, größer und zentraler gelegen, das im Jahr 1818/19 eingeweiht wurde.Die neue Kirche war ein "vierachsiger Saalbau, etwa elf Meter breit und 32,70 Meter lang, mit flach dreiseitigem Chorschluss und Westturm, im Ganzen ein Gemisch aus klassizistischen und gotischen Formen", heißt es in der Kleinen Zewener Chronik von Josef Fisch aus dem Jahr 1970.126 Jahre lang riefen die Glocken der Zewener Pfarrkirche die Gläubigen zum Gottesdienst, ehe am 13. Januar 1945, wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, Fliegerbomben das Gebäude schwer beschädigten: Der Dachstuhl stürzte ein und begrub den Großteil des Mobiliars unter sich. Auch die erst 1931 angeschaffte Orgel wurde zerstört. Nach Kriegsende machten sich die Zewener an den Wiederaufbau ihrer Kirche, in der schon 1948 wieder der erste Gottesdienst gehalten werden konnte.Doch das Bevölkerungswachstum, das Zewen in den Nachkriegsjahren erlebte, ließ auch die Pfarrkirche bald zu klein werden. Zudem war sie trotz der Renovierung baufällig geworden. So wurde schon im Jahr 1957 der Grundstein für ein weiteres Gotteshaus gelegt, die heutige Pfarrkirche an der Lindscheidstraße, die 1959 feierlich eingeweiht wurde.Das alte Gemäuer, das der Kirchenstraße ihren Namen gegeben hatte, verfiel dagegen zusehens. Doch noch immer rief sein Geläut zur Messe, denn der Glockenturm war stehen geblieben. Erst im Jahr 1975 wurden die beiden Glocken an einem provisorischen Glockenstuhl neben dem neuen Pfarrhaus untergebracht und der alte Turm abgerissen. "Heute würde man die Kirche bestimmt nicht mehr abreißen", ist sich Fries sicher. Aus jetziger Sicht sei die Entscheidung von damals zu bedauern, sagt der Ortsvorsteher, denn "das wäre heute ein schöner Gemeindesaal".Seit dem Abriss des Turmes war der ehemalige Kirchplatz verwaist, ehe man sich 1998 zur 900-Jahrfeier der alten Kirche erinnerte. Hermann Fries hatte die Idee, am früheren Standort der Kirche einen Gedenkstein aufzustellen und fertigte gleich einen Entwurf. "Wo einmal eine Kirche gestanden hat, sollte man nicht achtlos vorbei gehen", begründet Fries seine Initiative von damals.Die alte Kirche wäre heute wieder groß genug

Der Stein, den ein ortsansässiger Steinmetz fertigte, zeigt auf der einen Seite ein Relief der alten Pfarrkirche und trägt auf der anderen Seite die Inschrift: "Von 1818 bis 1976 stand an dieser Stelle die Zewener Pfarrkirche St. Martinus. 900 Jahre Zewen, 1098 bis 1998." Wer weiß, vielleicht steht ja bis zum nächsten Ortsjubiläum wieder ein Gotteshaus an der Kirchstraße. "Heute wäre die alte Kirche wieder groß genug", sagt Ortsvorsteher Fries.Morgen: Der Zewener Hobbyhistoriker Willibald Trierweiler und sein Schaffen.

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