Ein Urteil und seine Folgen

Fast ein Jahrzehnt tobte der juristische Streit um die Vereinigten Hospitien in Trier. Jetzt sieht es so aus, als habe das Bundesverwaltungsgericht einen Schlussstrich gezogen: Die Stiftung ist nicht kirchlich, sondern weltlich. Bleibt die Frage nach den Konsequenzen.

Trier. Kleine Ursache, große Wirkung: Nachdem die Mitarbeiter der Vereinigten Hospitien vertretungsrechtlich jahrzehntelang behandelt wurden wie öffentlich Bedienstete, wollte die Geschäftsführung Mitte der 90er-Jahre die Rechte des Personalrates einschränken. Argument: Man sei eine kirchliche Einrichtung, mithin gebe es nur die reduzierten Rechte eines "Tendenzbetriebes".Aus dem vergleichsweise läppischen Streit um die Freistellung eines Personalratsvorsitzenden entstand dann eine juristische Auseinandersetzung, die etliche Gerichte auf allen Ebenen, zahlreiche Verwaltungsbeamte, Gutachter und Juristen über Jahre beschäftigte. Die grundsätzliche Auffassung der Stiftung, man sei kirchlicher Natur, fand dabei nur bei der untersten Instanz, dem Verwaltungsgericht, Unterstützung. Die Obergerichte sahen es durchweg anders, was die Hospitien nicht davon abhielt, alle rechtlichen Möglichkeiten bis zur Neige auszunutzen - letztlich ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht (der TV berichtete) ließ nun endgültig keine Revision mehr gegen einen Spruch des OVG Koblenz zu, das befunden hatte, Hospitien-Stifter Napoleon habe keine kirchliche, sondern eine staatliche Stiftung beabsichtigt. Und das sei heute noch maßgeblich.

Damit ist der Status der Einrichtung, die in Trier Krankenhäuser, Senioreneinrichtungen, aber auch ein Weingut betreibt, geklärt. Und so endet auch die kuriose Zwitterstellung des Trie rer Oberbürgermeisters: Der war in Gestalt von Helmut Schröer einerseits gewählter Repräsentant der Öffentlichkeit, andererseits als Vorsitzender des Verwaltungsrates gemeinsam mit dem Bischof Vorkämpfer für den kirchlichen Status.

Einer derart schizophrenen Interessenlage braucht sich Nachfolger Klaus Jensen nun nicht mehr auszusetzen. Die Frage ist, ob es ihm gelingt, den je zur Hälfte aus städtischen und kirchlichen Vertretern bestehenden Verwaltungsrat auf einen konstruktiven Kurs zurückzubringen. In Mitarbeiterkreisen fürchtet man, die bislang durch keinen Misserfolg zu bremsende Prozesslust der Stiftung könne am Ende noch in einen Gang zum Bundesverfassungsgericht oder zu europäischen Instanzen münden. Der neue OB will vor einer Stellungnahme die für kommende Woche anberaumte Sondersitzung des Verwaltungsrates abwarten.

Der bisherige Prozessgegner, die Stiftungsaufsicht bei der ADD, ist mit dem Spruch des Bundesverwaltungsgerichts zufrieden. Ihre Auffassung hat sich durchgesetzt. Konsequenzen sieht ADD-Präsident Josef Peter Mertes "schlichtweg keine". Alles bleibe beim Alten, die Sache sei "von uns aus erledigt".

Erleichterung bei der Mitarbeitervertretung

Zufriedenheit auch beim Personalratsvorsitzenden Peter Pries. Auch wenn die Mitarbeitervertretung beim Verfahren in den höheren Instanzen nicht mehr dabei war, sei man erleichtert, "dass Recht und Gesetz nicht einfach ausgehebelt werden können". Paul Henseler, als Anwalt der Arbeitnehmer maßgeblich am Zustandekommen des Verfahrens beteiligt, sieht das ähnlich: "Der Versuch, den Personalrat in seiner Existenz zu bedrohen, ist gescheitert." Spannend dürfte die Frage werden, ob die Satzung der Hospitien mit der starken Stellung der Kirche unverändert Bestand haben kann. Denkbarer Kompromiss: Die kirchliche Seite akzeptiert endgültig die Rechtslage, die weltliche verzichtet im Gegenzug auf praktische Konsequenzen.

Zu diesem Paket könnte auch gehören, dass die Hospitien-Mitarbeiter in der kirchlichen Zusatzversorgungskasse bleiben dürfen. Ein Ausstieg würde die Stiftung Millionen kosten.

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