Ein Weihnachten - zwei Feste

Wie wird Weihnachten in den Familien von unterschiedlichen Nationalitäten und Religionen gefeiert? Das deutsch-russische Ehepaar Denis weiß, wie man trotz kultureller Unterschiede Feste gemeinsam verbringt.

Trier/Zemmer. In diesem Jahr gibt es auf dem Weihnachtstisch der Familie Denis wieder Gemüse. Schuld daran ist die russische Frau von Ralf Denis (44). Denn die aus St. Petersburg stammende Irina (38) fastet gerade zu der Zeit des großen Festes in Deutschland: Fleisch und Milchprodukte sind nach orthodoxen Vorschriften untersagt. Jedoch wird es die Stimmung auf der Familienfeier in Zemmer nicht trüben: Verwandte von Ralf und er selbst haben sich längst daran gewöhnt. Irina lebt inzwischen seit 14 Jahren in Deutschland.

Bevor die Feier am Heiligabend beginnt, geht Irina noch mit ihren zwei Söhnen, Nikolai (12) und Aleksej (7), in die Zemmerer Kirche. Danach bekommen die Jungen Geschenke. Unüblich für russische Kinder, denn diese werden erst zu Silvester beschert. "Unsere Söhne sind eher deutsch als russisch. Das deutsche Fest ist für sie wichtiger", erzählt Irina.

Russen feiern nach altem Kalender



Jedoch versucht die zweifache Mutter, den Kindern auch ihre russische Kultur näherzubringen. Sie erzählt, dass die Neujahrsfeier am 31. Dezember für die Russen das wichtigste Fest im Jahr ist.

Zum orthodoxen Weihnachten am 7. Januar nimmt Irina den katholisch getauften Nikolai mit in die orthodoxe Kirche nach Trier. Sie erklärt in der Familie, warum die Russen das Neujahr zweimal feiern und Weihnachten erst nach dem Jahreswechsel kommt. "Russland blieb bis 1918 beim julianischen Kalender, während der katholische Westen den gregorianischen Kalender übernahm", sagt Irina. Heute seien zwar die Kalender identisch, doch das russische Weihnachtsfest sei weiterhin erst 13 Tage später, also am 7. Januar. "Weihnachten am 24. Dezember haben die unreligiösen Kommunisten mit der Oktoberrevolution abgeschafft", erklärt Irina Denis. Christliche Bräuche und Symbole übernahm man einfach fürs Neujahrsfest. Die Kalender-Unterschiede erklären auch, warum Russen zwei Wochen nach dem 31. Dezember, am 13. Januar, das "alte Neue Jahr" feiern.

"In so einer gemischten Ehe lernt man viel voneinander kennen", sagt Ralf Denis. "Ich habe die kulturellen Unterschiede einfach akzeptiert." Der gebürtige Zemmerer kennt inzwischen fast alle Rezepte der russichen Küche - auch Neujahrs-Spezialitäten. Russische Sülze, Rote-Bete-Suppe "Bortsch", "Pelmeni", in Wasser gekochte und mit Fleisch gefüllte Teigtaschen. Das alles kann der gelernte Koch selbst zubereiten. Ralf war sieben Mal bei Irina in St. Petersburg zu Besuch. Gerade Neujahr und orthodoxe Weihnachten erlebte er dort mit. "Ich finde, dass Russen gemütlicher feiern als wir. Sie essen auch langsamer", zieht Ralf das Fazit aus seinen Erfahrungen.

Jedoch haben die Denis nicht so viel Zeit zum Feiern: Ralf und Irina betreiben eine Gaststätte in der Gemeinde und müssen an den Weihnachtstagen und zu Silvester arbeiten. "Wir sind eher eine ungewöhliche Familie", sagt Irina. "Wenn Leute feiern, arbeiten wir."

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