"Ein echter Trierer Jung"

TRIER. Die Trierer CDU schickt den städtischen Kultur- und Schuldezernenten Ulrich Holkenbrink bei der Wahl des Oberbürgermeisters im Herbst 2006 ins Rennen. Mit großer Mehrheit ist der 51-Jährige am Dienstagabend in der Europäischen Rechtsakademie bei einem Kreisparteitag als offizieller Bewerber nominiert worden.

"Heute stehen wir vor einer Entscheidung von großer Tragweite. Wir müssen den Grundstein legen für eine neue Ära." Spätestens nach diesen einleitenden Worten des CDU-Landesvorsitzenden Christoph Böhr weiß jeder der 142 stimmberechtigten Christdemokraten im Saal, was die Stunde geschlagen hat: Es gilt einen Nachfolger zu finden für Amtsinhaber Helmut Schröer. Nachdem sich der große Rivale SPD vor wenigen Tagen einmütig hinter den unabhängigen Kandidaten Klaus Jensen gestellt hat, ist nun die Union am Zug. Manches Parteimitglied und insbesondere die Spitzenfunktionäre mögen an diesem Abend Befürchtungen hegen. Parteitage haben bei der CDU ihre eigenen Gesetze. Die Mitglieder dürfen schließlich in geheimer Wahl bestimmen, ob sie Ulrich Holkenbrink ihr Vertrauen schenken oder nicht. Doch als Ulrich Dempfle das einstimmige Votum des Kreisvorstandes für den Kandidaten verkündet und darüber hinaus feststellt, es seien keine weiteren Bewerbungen eingegangen, scheint die Abstimmung nur noch eine Formalie zu sein. Zumal Dempfle die Chance nutzt, für Holkenbrink zu werben: "Er hat stets ein offenes Ohr und ein Lachen für jeden übrig. Er ist ein echter Trierer Jung." Aber da wäre noch die nicht ganz unwichtige Frage zu klären, mit welchem Vertrauensbonus die Partei ihren Kandidaten ausstattet. Ulrich Holkenbrink macht zunächst in seiner Bewerbungsrede deutlich, wohin die Reise der Stadt mit ihm an der Spitze gehen würde. Er nennt drei inhaltliche Schwerpunkte: Die europäische Anbindung Triers - vor allem nach Luxemburg - zu verstärken, das Alleinstellungsmerkmal Alter und Kultur hervorzuheben und die interne kommunalpolitische Entwicklung in der Stadt voranzutreiben. "In 20 Jahren wird der junge und qualifiziert ausgebildete Mensch der Engpassfaktor sein. Und die Menschen wollen in einer Stadt nicht nur arbeiten, sondern auch leben." Deshalb gelte es, im Wettkampf um junge Menschen die städtischen Angebote im Bereich von Familie, Freizeit, Kultur, Sport und Naherholung zu verbessern und damit die Attraktivität der Stadt zu steigern. Holkenbrink deutet auch an, dass angesichts der Finanzmisere schmerzhafte Einschnitte kommen werden. "Wir werden uns fragen müssen, ob wir uns in Zukunft noch alles leisten können." Es gelte einerseits, "neue Finanzierungswege" zu finden, etwa public private partnership- oder Sponsoring-Modelle. "Andererseits müssen wir auch selbst unsere eigenen Strukturen kritisch hinterfragen." Seinen Gegenspieler Jensen, der als unabhängiger Kandidat antritt, obwohl er der SPD angehört, erwähnt der Christdemokrat nicht direkt, verteilt aber einen deutlichen Seitenhieb: "Ein Oberbürgermeister muss unabhängig sein. Das ist jedoch keine verbale Erklärung, keine Plakette. Unabhängigkeit ist eine Geisteshaltung. Sie bedeutet für mich nicht, dass ich mich von meiner Partei, der CDU, und deren Zielsetzungen distanziere und sie verleugne - im Gegenteil!" Nach langem Beifall der Parteimitglieder kommt es zur mit Spannung erwarteten Abstimmung. Ulrich Holkenbrink erhält 121 Ja-Stimmen bei vier Enthaltungen und 15 Nein-Stimmen, damit ist er zum CDU-Kandidaten nominiert. "Das sind 86,4 Prozent", errechnet flugs Berti Adams, Chef der Stadtratsfraktion. Einer der ersten Gratulanten ist Amtsinhaber Helmut Schröer, der das Ergebnis als "beachtlich" einstuft und "als gute Basis für den Wahlkampf". Der OB führt der Parteibasis vor Augen, wie Holkenbrink "bereits jetzt von Tag zu Tag mehr in das Amt hineinwächst". Und dann hat Schröer die Lacher auf seiner Seite: "Diesen herzensguten Kerl kann man richtig knutschen."

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