Ein ehrlicher Finder

Trier · Der Trierer Straßenkehrer Roland Geib findet eine Geldbörse mit 1100 Euro. Ohne zu zögern macht er den Besitzer ausfindig und gibt ihm das Portemonnaie zurück. "Ich hätte sonst nicht mehr schlafen können", sagt der 60-Jährige.

 Gibt ohne zu zögern zurück, was er findet, auch wenn es ein Geldbeutel mit 1100 Euro ist: Der Trierer Straßenkehrer Roland Geib auf dem Kornmarkt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Gibt ohne zu zögern zurück, was er findet, auch wenn es ein Geldbeutel mit 1100 Euro ist: Der Trierer Straßenkehrer Roland Geib auf dem Kornmarkt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Die Frühschicht beginnt um 5 Uhr. Auch an diesem kalten Augustmorgen klettert Roland Geib pünktlich auf seine Kehrmaschine. Er wirft den Motor des orangefarbenen Wagens an. Los geht\'s. Von der Basilika in Richtung Bahnhof, die Paulinstraße entlang, Rindertanzstraße, Glockenstraße. Die Bürsten rotieren über den Asphalt, das Reinigungswasser spritzt.Um 8.15 Uhr ist Roland Geib am Kornmarkt. Vor ihm fährt ein Radfahrer vorbei. Etwas macht plumps. "Ein Geräusch halt, als wäre was auf den Boden gefallen", berichtet Roland Geib. Der Radfahrer fährt weiter. Einer Frau ist die Geldbörse, die da plötzlich neben seiner Kehrmaschine liegt, nur einen kurzen Blick wert. "Da bin ich halt ausgestiegen und hab das Portemonnaie aufgehoben", sagt Roland Geib.


Aus der Börse quellen die Scheine. 1100 Euro sind es. "Ich hab mir gleich gedacht, dass da einer gerade von der Bank kommt und bestimmt einen Flug oder eine Urlaubsreise bezahlen wollte", sagt Geib. "Und dann die ganzen Papiere!"
Der Straßenkehrer besorgt sich ein Telefonbuch und schlägt den Namen nach, der im Führerschein und im Personalausweis steht. Doch unter der Festnetznummer geht niemand dran.

Familie Bartels hat sich die Mittelmeerinsel Sardinien für ihren Sommerurlaub ausgesucht. In den nächsten Tagen soll es losgehen. Strand, Sonne, gutes Essen. Mehr als 1000 Euro hat Gunnar Bartels dafür in kleinen Scheinen von der Bank geholt. Doch jetzt steht er erst mal ratlos im Büro, ohne Geld. "Kaum war ich an dem Morgen in der Firma, hab ich gemerkt, dass mein Portemonnaie weg war", sagt der Trierer Software-Unternehmer. "Ich hatte eine Jeans mit weiten Gesäßtaschen an - da muss die Geldbörse herausgerutscht sein, dachte ich."
Also wieder raus aufs Fahrrad. Gunnar Bartels fährt den Weg von seinem Büro in der Fleischstraße zurück nach Hause. "Ich war mir sicher, dass ich das Geld nie mehr wiedersehen würde - aber ich habe gehofft, dass jemand wenigstens Personalausweis, Fahrzeugschein, Führerschein und Kreditkarten irgendwo hingeworfen hat." Doch kein Portemonnaie nirgends, auch kein leeres.

Beim nächsten Halt mit seiner Kehrmaschine versucht Roland Geib sein Glück noch mal. Er tippt auf seinem Handy die Rufnummer ein. Und Gunnar Bartels hebt ab. "Da ruft mich einer an und sagt, er will mir 1100 Euro zurückgeben - das hat mich umgehauen, ich hatte richtig Gänsehaut angesichts von so viel Aufrichtigkeit." Die beiden Männer machen aus, sich am Nikolaus-Koch-Platz zu treffen. "Da musste ich eh noch kehren", sagt Roland Geib.

Noch vor der Mittagspause hat Gunnar Bartels nicht nur seine 1100 Euro wieder, sondern auch sämtliche Ausweise und Kreditkarten.
"Ich hab mich gefreut wie irre, nicht nur wegen des Geldes und den ganzen Papieren, sondern auch darüber, dass da ein einfacher Mann so ehrlich ist und dieser großen Versuchung widerstanden hat", sagt Bartels.
"Für mich war es gar keine Frage, dass das Geld zum Besitzer zurückmuss. Alles andere hätte mich keine Nacht mehr ruhig schlafen lassen", sagt Roland Geib. Darüber, wie hoch der Finderlohn war, den Gunnar Bartels ihm sofort zugesteckt hat, will der städtische Angestellte nicht sprechen. "Aber er war definitiv großzügig - mit so viel hätte ich niemals gerechnet!", sagt der 60-Jährige. Für einen Urlaub, vielleicht am Mittelmeer, reicht\'s trotzdem nicht. Aber Roland Geib fährt gerne mit seiner Kehrmaschine durch Trier. Auch morgens um fünf, an einem kalten Sommertag. "Ich bin zufrieden mit meinem Job", sagt er. Viez, Donuts, Meer und ganz viel Sympathie für Trierer Straßenkehrer

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