Ein kalter Freudentag vor der Porta

TRIER. Die "Sünde des Jahres 1968 ist begradigt" – Worte von Oberbürgermeister Helmut Schröer, bevor er am Samstag mit Alwin Krewer von der Interessengemeinschaft Paulinstraße und Baudezernent Peter Dietze das Band durchschnitt und den oberirdischen Fußgängerüberweg zwischen Simeon- und Paulinstraße freigab.

Gelbe Luftballons im eisigen Wind, gehalten von "Paulinchen" - den lebendigen Symbolen, mit denen die Interessengemeinschaft der Geschäftsleute aus der Paulinstraße seit Jahren für die Wiederherstellung des alten Zustandes gekämpft hatten. Nun ist er da, der Tag, an dem der ungeliebte Fußgängertunnel nicht länger die einzige Verbindung von Trier-Mitte auf die "andere Seite" bildet. Ein Freudentag für die Bewohner, insbesondere für die Geschäftsleute in der Paulinstraße. Doch es war ein langer Weg, bis die natürliche Verbindung der beiden Trierer Magistralen wieder hergestellt war. Vereinbarter Stichtag wurde eingehalten

OB Schröer ruft in einem Grußwort die Gespräche zwischen Stadt und Interessengemeinschaft in Erinnerung - das letzte fand im Frühjahr 2005 statt. Auf den Samstag vor dem ersten Advent habe man sich damals als Stichtag geeinigt. Dieser Termin sei bis auf einige noch erforderliche Nacharbeiten am neuen Übergangssystem eingehalten worden. 520 000 Euro habe die finanziell knappe Stadt Trier investieren müssen, um im Prinzip nur den Normalzustand vergangener Zeiten herzustellen. Doch es sei eine richtige Entscheidung gewesen, sagt das Stadtoberhaupt unter Beifall. Dies gelte sowohl für die Geschäftswelt als auch für die Anwohner, die nun mit Erleichterung von der ungeliebten Unterführung Abschied nehmen könnten. Groll gegen die Verkehrsplaner der 60er-Jahre hegen Schröer oder die Vertreter der Interessengemeinschaft nicht. Tenor: "Die autofreundliche Stadt war damals das Ziel. Diese Fehler wurden in ganz Westdeutschland gemacht. Aber wir in Trier bügeln den Irrweg wohl als erste wieder aus." In der Rückschau war dieser Fußgängertunnel - wie tausende seiner Pendants in Deutschland - mit Sicherheit ein Irrweg. Den Passanten "grauste" es vor diesem stets zugigen Schlauch. Und besonders in der Nacht galt die Unterführung für viele - ob berechtigt oder nicht - als Angströhre. Ein psychologisches Phänomen, das typisch ist für diese Verkehrsbauten. Ampelanlage noch nicht verkehrsabhängig

Baudezernent Dietze dankt den Planern und Bauleuten. "In 16 Wochen wurde die neue oberirdische Querung fertig gestellt. Das ist Rekordzeit", betont der Dezernent.Um Geduld bittet Dietze mit der neuen Ampelanlage. Die laufe zunächst noch statisch mit festen Schaltzeiten und müsse erst einmal auf den Verkehrsfluss und den beschleunigten ÖPNV einjustiert werden. Und die alte Unterführung? Nein, die werde nicht zugemauert, wie Gerüchte sagen, sondern es solle dort ein Fahrradabstellraum für die Gäste der Stadt entstehen. Alwin Krewer von der Interessengemeinschaft findet es "toll, wie man das in der Kürze der Zeit hinbekommen hat". Sein Dank gilt allen Mitstreitern, aber auch den Leuten im Rathaus. Krewer: "Nun wächst Trier wieder zusammen." Danach heißt es Feiern: Die Ampelanlage ist erstmals in Betrieb, sichtlich gerne angenommen von den Passanten. Nur wenige laufen in alter Gewohnheit hinunter in die Unterwelt. Auf der anderen Seite, am Hotel Porta Nigra, knallen die Sektkorken bei Live-Musik. Der Himmel an diesem 26. November ist grau und der steife Wind weht kalt. Doch es ist ein guter Tag für die Paulinstraße.

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