Ein wunderbares Leben

"Ich habe ein wunderbares Leben geführt", sagt Werner Viktor Schwalbe. Ein abwechslungsreiches war es noch dazu. Archiviert hat er viele Stationen davon in einer Sammlung aus Tausenden Fotos, Dias, Negativen und Alben. Heute feiert Werner Viktor Schwalbe seinen 85. Geburtstag.

Trier. (cofi) Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt einen jungen, adretten, charismatischen Mann mit verträumtem Blick. Es ist Werner Viktor Schwalbe Ende der 1940er Jahre und das Foto seine damalige Autogrammkarte. Die verteilte er an seine Verehrerinnen und Fans. Denn die hatte Schwalbe genügend, nachdem er nach dem Zweiten Weltkrieg ein Schauspielstudium absolviert und in Hannover die Prüfung abgelegt hatte.Auch als Opernsänger war er ausgebildet und hatte viele Engagements auf den Theaterbühnen Deutschlands, spielte und sang als Tenor in "Jedermann", "Das Land des Lächelns", "Der blaue Heinrich" oder "Die Fledermaus". Doch die Zeiten waren schwierig, die Theaterlandschaft hatte Grenzen. "Damals schloss ein Theater nach dem anderen", erinnert sich Schwalbe. Eine Alternative musste her. Mittlerweile hatte sich Schwalbe in Trier niedergelassen und geheiratet. Einem kreativen Beruf wollte er aber trotzdem nicht ganz abschwören und wurde Fotograf. Später machte er sich selbstständig und eröffnete seinen Ansichtskarten- und Dia-Verlag.

1959 zahlte sich der gute Draht zum Bistum aus. Exklusiv durfte er den Heiligen Rock ablichten und hatte als einziger die Rechte für die Vermarktung, die er vor rund drei Jahren verkaufte. Neben der Tunika Christi fotografierte Schwalbe Sehenswürdigkeiten in Trier und der Mosel. Über 100 verschiedene Postkarten-Motive gehen auf Schwalbes Konto.

Es war wieder einmal einer der Tage in den 1960er Jahren, an denen er auf Motiv-Suche war und das Karl-Marx-Haus fotografieren wollte. Um es perspektivisch korrekt aufnehmen zu können, ging er in die damals gegenüberliegende Discothek "Femina" und bat darum, aus einem Fenster des ersten Stocks das Foto schießen zu dürfen. Seine Aufnahme erhielt er und dazu einen Auftrag: Er sollte eine der dort engagierten, leicht bekleideten Tänzerinnen in Szene setzen. Das gelang ihm so gut, dass Schwalbe sich schnell durch Mund-zu-Mund-Propaganda einen Namen in Varieté- und Nachtbar-Kreisen machte. In seinem Atelier "Fotokunst Schwalbe" gaben sich die Damen die Klinke in die Hand. "Sie kamen aus ganz Deutschland, von Hamburg bis München", erzählt er.

Denn Schwalbe war dafür bekannt, keine pornografischen Aufnahmen zu machen, sondern er verstand sich auf erotische Akt-Fotografie mit einem feinen Blick für Ästhetik, einem Händchen für ansprechende Farb- und Hintergrundgestaltung, dem gekonnten Einsatz passender Accessoires und verführerischer, nicht vulgärer Posen. "Auch wenn ich fast nackte Frauen fotografiert habe, ich war immer seriös. Und wenn eine nicht so schön war, ich habe sie im Bild schön gemacht", sagt Schwalbe.

Einige der Aufnahmen hat er auch in seinem Garten gemacht. Und es kam vor, dass dann die Kinder des Stadtteils als Zaungäste auf den Bäumen saßen. Angst um seinen guten Ruf habe er nie gehabt, obwohl sich zu damaligen Zeiten ungewöhnliche Menschen in dem ruhigen Wohngebiet einfanden. Geschadet hat es nicht, aber Werner Viktor Schwalbe ein abwechslungsreiches Leben beschert.

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