Einblicke ins Gehirn

TRIER. (daj) Neue Impulse für die Behandlung und Erforschung von Hirnerkrankungen erhoffen sich Trierer Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen von der Gründung eines Forschungsverbundes. Im Brüderkrankenhaus wird das Projekt am Freitag, 8. September, auf einem Symposium vorgestellt.

Das menschliche Gehirn ist ein komplexes Organ. Es speichert und verarbeitet Informationen, steuert Bewegungen, Gedanken und Gefühle. Dementsprechend vielfältig sind die Störungen, die bei Hirnerkrankungen wie Parkinson, Depressionen oder Hirntumoren entstehen können, und die Methoden ihrer Behandlung. Das Trierer Brüderkrankenhaus kooperiert schon seit Längerem mit Forschern von Universität und Fachhochschule. Aus dieser Zusammenarbeit heraus entsteht nun das "Interdisziplinäre Kompetenzzentrum Neurotechnologie" (IKNTEC). Dahinter verbirgt sich ein Forschungsverbund, an dem neben der neurochirurgischen Abteilung des Brüderkrankenhauses zunächst das Institut für innovative Informatikanwendungen (i3A) der Fachhochschule und das Zentrum für neuropsychologische Forschung der Universität Trier beteiligt sind. Professor Peter Gemmar vom i3A betont jedoch: "Wir sind ein offenes Zentrum und streben eine Ergänzung durch weitere interessierte Einrichtungen an."Neue Möglichkeiten für Parkinson-Patienten

Über die aktuellen Vorhaben des IKNTEC informieren die Forscher am Freitag, 8. September, in einem ganztägigen Symposium im Albertus-Magnus-Saal des Brüderkrankenhauses. Oberarzt Dr. Frank Hertel etwa hofft auf verbesserte Möglichkeiten bei der Operation von Parkinson-Patienten: "Wir haben erstmals gezeigt, dass es möglich ist, Hirnsignale auch unter Vollnarkose abzuleiten." Jetzt soll untersucht werden, ob sich die Vollnarkose, die für den Patienten weniger belastend wäre, als Standard etablieren lässt. Bei derartigen Operationen werden Elektroden ins Gehirn eingesetzt, die die Hirnströme stimulieren. Bislang werden beide Hirnhälften gleichermaßen angeregt. "Wir wissen jedoch, dass die beiden Hälften unterschiedliche Aufgaben erfüllen", sagt Neuropsychologe Professor Werner Wittling. Eine gezieltere Stimulation könnte den Therapieerfolg verbessern und Nebenwirkungen wie Gedächtnisstörungen oder Panikattacken vermeiden helfen. Außerdem sollen die Daten von Tumorpatienten systematisch ausgewertet werden. Viele Studien befassen sich mit nur 20 bis 30 Fällen, am Brüderkrankenhaus wurden jedoch im Lauf der Jahre insgesamt Daten von 1300 Patienten gesammelt. Deren Analyse wird ein wichtiger Beitrag zur Forschung über die medizinische Versorgung sein. Außerdem ist neben der Erstellung medizinischer Software auch die Entwicklung technischer Geräte eines der Ziele des IKNTEC.Fragen der Ethik

Ein Schwerpunkt des Symposiums liegt auch auf ethischen Fragen, zu denen unter anderem Professor Eberhard Schockenhoff, Mitglied des Nationalen Ethikrates, Stellung beziehen wird. "Die Möglichkeiten sind größer geworden, und damit auch die Möglichkeiten des Missbrauchs", warnt Werner Wittling. Frank Hertel glaubt sogar, dass neurowissenschaftliche Erkenntnisse "die Gesellschaft mehr revolutionieren werden als die Gentechnik". Nicht nur Verantwortungsbewusstsein, sondern vor allem auch Transparenz sei daher unabdingbar. Zu eben dieser Transparenz soll die öffentliche Veranstaltung beitragen, die aus Mitteln der "Stiftung für neurowissenschaftliche Forschung und Rehabilitation" finanziert wird. Die Teilnahme ist kostenlos.

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