Eine Milliarde für ein Leben

Trier · Das Neue Theater Trier ist für Eigenproduktionen oder unbekannte Stücke bekannt. Jetzt hat die Studententruppe Friedrich Dürrenmatts Klassiker "Der Besuch der alten Dame" in der Tufa aufgeführt.

 Die alte Dame (Michelle Hermes) stellt Alfred Ill (David Ullrich, links) ihren siebten Ehemann (Sören Hicketier; auch Regie) vor. Noch ahnt Ill nichts von der Mordplänen. TV-Foto: Nathalie Hartl

Die alte Dame (Michelle Hermes) stellt Alfred Ill (David Ullrich, links) ihren siebten Ehemann (Sören Hicketier; auch Regie) vor. Noch ahnt Ill nichts von der Mordplänen. TV-Foto: Nathalie Hartl

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Trier Beschmierte Kleider, zerrissene Schuhe und zu viel Schnaps: Die Einwohner von Güllen haben längst mit ihren Träumen abgeschlossen. Am Bahnhof, an dem längst kein Schnellzug mehr hält, zählen sie die Stunden.
Doch mit dem Besuch der alten Dame ändert sich alles. Denn die betagte Claire Zachanassian (Michelle Hermens) hat drei Milliarden geerbt, wovon sie eine Milliarde als Kopfgeld aussetzt. Ihr Jugendfreund Alfred Ill (David Ullrich) soll für seine Untreue büßen und sterben. Während die Dorfbewohner sich zunächst sträuben, die Rachepläne umzusetzen, wird die Gier stetig größer. Schulden werden gemacht und die schmutzigen Lumpen gegen feinen Zwirn eingetauscht.
An Alfred Ill gehen die Veränderungen nicht spurlos vorbei. Mit jedem goldenen Schuh, den er erblickt, und mit jeder Packung Edelzigarretten, die er in seinem Krämerladen verkauft, steigt seine Angst. Sein Gesicht formt sich immer mehr zur Grimasse, während die Züge der Güllener sich verhärten. Das Neue Theater Trier setzt den inneren Kampf zwischen Moral und dem Wunsch nach Wohlstand bei der ausverkauften Premiere wirkungsvoll um.
Es sind vor allem Emotionen und kleine Details, die die Inszenierung auszeichnen. Auch Ton und Tanz werden wohldosiert, um den Konflikt der Einwohner sowie die Verzweiflung Alfred Ills szenisch umzusetzen. Vor einer einfachen, aus Paletten gezimmerten Kulisse entfaltet sich ein wahrer Spannungsbogen. Werden die Güllener zu Mördern?
Neben der packenden Handlung schätzt Regisseur Sören Hicketier vor allem Dürrenmatts Umsetzung des Dramas. "Mich fasziniert besonders die Absurdität." An vielen Stellen liefere der Stoff eine Steilvorlage für humoristische Umsetzungen. Eine "deutsche Baumgruppe" wird so beispielsweise zum Pantomime-Ensemble und der Bürgermeister zur Karikatur dörflicher Kleinkariertheit.
Friedrich Dürrenmatts Theaterklassiker (Uraufführung:_ 1956) in der Version des Neuen Theaters Trier ist noch an vier weiteren Terminen zu sehen. Heute, morgen und übermorgen, Sonntag, sowie am Samstag, 20. Mai, im kleinen Saal der Tuchfabrik Trier. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr. Eintritt: zehn Euro (ermäßigt sechs Euro).

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