Eine Schule für alle Kinder
Ganztagsschule, Schwerpunktschule für Integration: Wo andere nach einem Profil suchen, hat die Keune-Grundschule gleich zwei. Entsprechend groß ist die Nachfrage: Mit 280 tummeln sich auf dem Weidengraben mehr Schüler als an mancher Hauptschule.
Trier. Dass Schulen in Trier einladend aussehen, kann man eher selten behaupten. In den besseren Fällen wirken sie funktionsgerecht, in den schlechteren heruntergekommen. Die meisten liegen irgendwo dazwischen. Wer auf sich hält, sorgt zumindest in der Schüler-Bücherei oder dem Betreuungsraum für ein Minimum an Gemütlichkeit.Aber in der Keune-Schule strahlen schon Gänge, Klassen- und Lehrerzimmer so etwas wie Wohnraum-Atmosphäre aus. Das beginnt im von Wand- und Bodenteppichen nebst Gardinen gezierten Büro von Rektorin Birgit Hagelauer. Natürlich, was die wohnlichen Extras angeht, in Eigenregie und auf eigene Kosten ausgestattet, denn, so versichert die Schulleiterin, "wir sind wie alle Schulen Stiefkind der Stadt".Von den Lehrern wird mehr erwartet
Aber ein Stiefkind, das sich selbst hilft. Vom Berliner Original Heinrich Zille stammt der Spruch, nach dem man einen Menschen mit seiner Wohn-Umgebung erschlagen könne wie mit einer Axt. Die Keune-Gemeinschaft, in der viele Kinder und Lehrer mehr Tageszeit verbringen als zu Hause, wirkt auf den Beobachter wie ein großer Schutzraum gegen negative Einflüsse. "Wir in Keune" ist eine stehende Redewendung, nicht nur bei Birgit Hagelauer. Im Eingang hängt ein einladendes Poster mit Porträts aller Lehrer und Mitarbeiter, zum Pressegespräch bringt man als Experten den Hausmeister mit - zum ersten Mal in der ganzen Schul-Serie.Freilich kommen hier auch viele Glücksfälle zusammen. Das Gebäude wurde 1970 gebaut, als die ärgsten Kinderkrankheiten der Billig-Betonklötze aus den Sechzigern langsam überwunden waren. Viel Licht, breite Wege, passable Bausubstanz, großzügige Turnhalle. Bereits Mitte der 80er Jahre entwickelte man Profil als (damals noch heftig umstrittene) Integrations-Schule für Behinderte und Nicht-Behinderte. Eltern und Lehrer entschieden sich bewusst für genau diese Schule und brachten weit überdurchschnittliches Engagement ein. So entstand eine Institution mit Ausstrahlung und Umfeld, die in der Lage war, Menschen für die eigenen Interessen zu mobilisieren. Parallel arbeitete man konstant an der Weiterentwicklung moderner Lehr- und Lernmethoden. Was für die Integrationsschüler unerlässlich war, zahlte sich auch für die "normalen" Grundschüler aus. Und wer auf "Keune" Lehrer wird, weiß, dass von ihm mehr erwartet wird als die ordnungsgemäße Erledigung seines Jobs.Die Doppel-Rolle als Schwerpunkt- und Ganztagsschule eröffnete auch Möglichkeiten für besondere finanzielle und bauliche Förderung. Das zahlenmäßige Verhältnis Lehrer-Schüler ist günstiger als andernorts. Und die Sozialstruktur im Umfeld des Standorts Universität verschafft manche Spielräume, die anderen fehlen. "Wenn ich nicht weiterkomme, schalte ich oft die Eltern ein", erzählt Birgit Hagelauer. Die helfen mit persönlichem Engagement, aber auch mit guten Verbindungen. Eine Schule für bessere Kreise, darauf legt die Rektorin Wert, sei die Keune-Grundschule aber keineswegs: "Wir haben von allem etwas".Entsprechend breit ist das inhaltliche Angebot, das sich auf einer gut gestalteten Homepage ( www.keune-gs.de) und professionellen Werbe-Faltblättern nachlesen lässt. "Eine Schule für alle Kinder", lautet das Leitmotiv. "Wir wollen keine Selektion", heißt es im Leitbild, das "ein positives gemeinsames Schulleben" als "wichtige Lernvoraussetzung" definiert.Kinder und Eltern können wählen zwischen der Ganztagsschule von 8 bis 16 Uhr mit einem umfassenden pädagogischen Zusatzangebot, das sich über den ganzen Tag verteilt. Und der "Betreuenden Grundschule" mit Halbtags-Unterricht und einer vom Förderverein getragenen Betreuung bis 14 Uhr. Laptops sind keine Seltenheit
Besondere Förderung erhalten im Ganztagsbereich begabte wie schwächere Schüler gleichermaßen. Teilweise gibt es sogar direkt in den Klassen Nebenräume für Differenzierungs- und Kleingruppenunterricht. Alle Klassenräume sind mit WLAN-Computeranschluss versehen, sogar Laptops sind keine Seltenheit - oft von "Verwandten und Bekannten organisiert", wie Lehrerin Isabelle Rotsch erzählt, die - eine Rarität an Grundschulen - für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist. Zum Prinzip der Keune-Schule gehöre auch, im Unterricht möglichst oft praktische Erfahrungen an "außerschulischen Lernorten" zu vermitteln - ebenso wie regelmäßige "Projektwochen", an denen sich alle beteiligen. Morgen in unserer Serie: Die Treverer-Schule.