Eine Sternstunde der Mittelalter-Forschung

Dionysius Areopagita, Johannes Scottus Eriugena und Nicolaus Cusanus standen im Mittelfpunkt des Vortrages von Professor Walter Haug. Nach Dionysius ist Gott Ursache und Anfang von Allem.

Trier. (red) Vergangene Woche konnten die "Bibliophile Gesellschaft Pro Libris Trier" und die Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars den renommierten Tübinger Mediävisten Walter Haug begrüßen. Seine Forschungsschwerpunkte sind der höfische Roman, Heldenepik, Mystik, literarische Periodisierung und Epochenschwellen, allgemeine und mittelalterliche Literaturtheorie und Ästhetik. Seinen Vortrag widmete der Emeritus mit beeindruckendem jugendlichen Schwung der "Lichtmetaphorik und Lichtmetaphysik bei Dionysius Areopagita, Johannes Scottus Eriugena und Nicolaus Cusanus". Haug legte dar, wie die christliche Philosophie die neuplatonische Frage nach der Erkennbarkeit Gottes aufgriff und umformte. Die Emanationslehre der Neuplatoniker Plotin und Proklos versuchte vor allem Dionysius Areopagita mit der christlichen Schöpfungslehre zu verbinden.Für Dionysius ist Gott Ursache und Anfang aller Dinge. Gott ist aber auch das Eine und Vollkommene jenseits allen Daseins. Die Frage nach der möglichen Erkenntnis Gottes wird dann derart beantwortet, dass per analogiam die Erkenntnis zur Ursache von Allem geführt werden kann, ohne Gott in einem Existierenden jedoch jemals zu erkennen. Eine "theologia positiva" muss also von der biblischen Offenbarung Gottes ausgehen, wobei Gott als Über-Seiendes nie erreicht wird. Eine "theologia negativa" muss sich so um die Unsagbarkeit bemühen, die Verborgenheit aufnehmen und eben nach diesem Dunkel fragen.Johannes Scottus Eriugena, der Übersetzer und Kommentator des Werkes des Dionysius, versuchte mit seiner These, dass alles Seiende Erscheinung Gottes in der Welt sei, ein geschlossenes philosophisches System zurückzugewinnen. Nikolaus von Kues baute die christliche Rezension des Neuplatonismus weiter aus. Über ein unausgeglichenes Nebeneinander der Prinzipien eines nichterscheinenden Erscheinens und dem Aufgehen Gottes in der Weltordnung kommt aber auch er nicht hinaus.Nachcusanische Philosophien neigten zur Reduktion dieser Spannung auf ein einziges Prinzip. Dionysius Aereopagita Der Pseudo-Dionysius ist das Pseudonym des unbekannten Autors einer Sammlung von Büchern, die nach 500 entstanden sind. Irrtümlich wurden sie dem in der Apostelgeschichte erwähnten, von Paulus angeblich durch seine Rede auf dem Athener Areopag bekehrten Dionysius zugeschrieben. Ab dem 9. Jahrhundert wurde der Areopagita durch Abt Hilduins "Post Beatam ac Salutiferam", bekannt als Areopagitica, mit dem Pariser Märtyrer St. Dionysius gleichgesetzt. So wurde der griechischsprachige Theologe frankisiert. Vermutlich war die Abtei für die Verschmelzung der drei Namensträger verantwortlich.

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