Eine Volkskrankheit mit Tabus

Ungefähr fünf Millionen Frauen und Männer aller Altersgruppen leiden in Deutschland an Harninkontinenz (unwillkürlicher Harnabgang). Das Moselzentrum für Kontinenz (MZK) informierte am Mittwoch über die Möglichkeiten der Behandlungen - sie können bis zur Heilung reichen. Zahlreiche Einrichtungen helfen Betroffenen weiter.

 Die Physiotherapeutin Carmen Weins, Urologin Dr. Silvia Salm, Physiotherapeutin Daniela Kiesgen, Masseurin Paula Groben und Physiotherapeutin Carmen Schmitt zeigen, wie Beckenbodengymnastik funktioniert. Rund fünf Millionen Frauen und Männer leiden in Deutschland an Inkontinenz. TV-Foto: Gabriela Böhm

Die Physiotherapeutin Carmen Weins, Urologin Dr. Silvia Salm, Physiotherapeutin Daniela Kiesgen, Masseurin Paula Groben und Physiotherapeutin Carmen Schmitt zeigen, wie Beckenbodengymnastik funktioniert. Rund fünf Millionen Frauen und Männer leiden in Deutschland an Inkontinenz. TV-Foto: Gabriela Böhm

Trier-Ehrang. Inkontinenz ist die zweithäufigste Ursache für die Einweisung in ein Pflegeheim. Krankenkassen und Pflegeheime geben jährlich über eine Milliarde Euro für Inkontinenzbehandlungen aus. Obwohl Inkontinenz häufiger als Bluthochdruck oder Diabetes mellitus vorkommt, wird die Volkskrankheit noch oft als Tabuthema gehandelt. Um dem entgegenzutreten und Informationen aus erster Hand weiterzugeben, veranstaltete das Moselzentrum für Kontinenz am Mittwoch im Ehranger Marienkrankenhaus ein Patientenseminar zum Thema Inkontinenz.Rund 70 Betroffene informierten sich in Ehrang

Etwa 70 Besucher waren zu der Veranstaltung gekommen, die Informationsmaterial an Ständen und Vorträge beinhaltete. Den Auftakt machte Michaela Hess, Heilpraktikerin aus Schweich, mit einem Vortrag über alternative Behandlungsmöglichkeiten der Inkontinenz und Blasenfunktionsstörungen.Sie desillusionierte diejenigen Besucher, die vielleicht auf das alternative Patentrezept gehofft hatten. Die Therapien im Naturheilverfahren seien absolut individuell, sagte Hess. Daher stehen Betroffenen nach genauer ärztlicher Abklärung verschiedene Behandlungsmöglichkeiten offen. Infrage kommen beispielsweise Bewegungstherapien mit Wasser- oder Wärmebehandlungen oder Ernährungstherapien wie mit Heilfasten. Hess ging auf die psychosomatischen Gründe einer Reizblase ein, unter der besonders Frauen leiden - fast 80 Prozent aller Betroffenen sind weiblich, nur 20 Prozent davon haben organische Ursachen. Hier könnte eine Paar- oder Psychotherapie ein Ansatz sein.Selbsthilfegruppen und Gymnastik in Trier

Das Brüderkrankenhaus Trier hat eine Selbsthilfegruppe, die über das Patienten-Informationszentrum, Telefon 0651/2081520, zu erreichen ist, und eine urologische Ambulanz, Telefon 0651/2082681. Weitere Selbsthilfegruppen sind über Sekis, Telefon 0651/141180, erreichbar. Das Marienkrankenhaus bietet montags, 9 bis 10 Uhr, Beckenbodengymnastik an. Der Kurs beginnt nach Absprache, Telefon 0651/683450. Dort werden hilfreiche Übungen unter Anleitung von Fachleuten gezeigt, die die Betroffenen später allein durchführen können. Auch geben die Experten Ratschläge zur richtigen Blasen- und Darmentleerung. EXTRA Tipps von Fachleuten: 1. Zur Durchblutungsförderung des Beckenbodens beim kalten Abduschen kurz den Wasserstrahl an den Beckenboden halten. 2. Überlastungen des Rückens vermeiden, auf aufrechte und gerade Haltung des Oberkörpers achten. Aufstehen vom Liegen immer über die Seite, nicht nach vorne. 3. Hustenschulung: Über die Schulter in die Hand husten, nicht gebückt nach vorne. 4. Aufschubstrategien, wenn die Blase drückt: Bewusst in den Bauch atmen, bewusste starke Beckenbodenspannung. Wichtig: nicht weniger trinken; vorsorgliche Toilettengänge vermeiden. (gsb)

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