Einfühlung ist wichtig

Nicht nur an Demenz erkrankte Menschen, sondern auch deren Angehörige brauchen Betreuung. Fortbildungsangebote wie im Landkreis Bernkastel-Wittlich sollen Angehörigen helfen, einfühlsam und professionell mit der Krankheit umgehen zu können. Bei einem Angehörigen-Seminar war der TV dabei.

 Kathrin Götze hat es geschafft: Trotz eingeschränkter Wahrnehmung durch Augenbinde, Handschuhe und Ohrenstöpsel hat sie sich ein Stück Kuchen besorgt. TV-Foto: Christian Kremer

Kathrin Götze hat es geschafft: Trotz eingeschränkter Wahrnehmung durch Augenbinde, Handschuhe und Ohrenstöpsel hat sie sich ein Stück Kuchen besorgt. TV-Foto: Christian Kremer

Bernkastel-Kues. Ein ungewöhnliches Bild: Zwölf Männer und Frauen laufen mit Augenbinden, Ohrenstöpseln und dicken Handschuhen durch das Cusanus-Krankenhaus in Bernkastel-Kues. Sie versuchen, sich unter solch erschwerten Umständen ein Stück Kuchen in der Cafeteria des Krankenhauses zu besorgen. Diese Übung gehört zum praktischen Teil einer Fortbildung für Angehörige von Demenzkranken. Denn nicht nur die Erinnerungsfähigkeit, auch das Wahrnehmungsvermögen von Demenzkranken ist stark eingeschränkt. Und das sollen die Angehörigen am eigenen Leib erfahren, um sich besser in die Situation ihres Anvertrauten einfühlen zu können.

Zum ersten Mal hat der Arbeitskreis Demenz, der im Sommer von der Regionalen Pflegekonferenz der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich gegründet wurde, zu solch einer Fortbildung eingeladen. Alle Teilnehmer pflegen zu Hause eine Ehefrau, einen Ehemann oder andere Verwandte, die an Demenz leiden. Und überall gibt es Probleme, bei denen die erfahrenen Referenten helfen können.

Teilweise kennen sich die Seminarteilnehmer schon von anderen Fortbildungen oder aus dem Alzheimer-Café, das abwechselnd in Wittlich und Bernkastel-Kues stattfindet. Unterstützung und Entlastung bieten ihnen ambulante Pflegedienste und freiwillige Helfer. Wo sie diese finden, vermittelt Hilde Roßler vom Caritasverband in ihrem Vortrag über die Angebote in der Region.

"Freitags kommt für drei Stunden ein ehrenamtlicher Helfer", erzählt Seminarteilnehmerin Irmgard Schmitz aus Wittlich (59). Sie kümmert sich zu Hause um ihren 78-jährigen Mann. "Man muss aufpassen, dass die Chemie stimmt zwischen Patient und Betreuer."

Richard Brunner ist 70 und kümmert sich um seine gleichaltrige Frau, für die er gerade Pflegestufe II beantragt hat. Das heißt: Sie ist schwer pflegebedürftig und braucht bei allen Alltagsverrichtungen Hilfe. Eine Herausforderung. "Einmal in der Woche kommt eine gelernte Altenpflegerin sechs bis acht Stunden", sagt er. Freiwillige Helfer ermöglichen es ihm zudem, zweimal pro Woche abends für zwei, drei Stunden Tennis oder Skat zu spielen.

Einen Königsweg, wie man die Erkrankten zu behandeln hat, haben die Referenten nicht parat. Klaus Mattes, ehemaliger Chef der Reha-Klinik Burg Landshut in Bernkastel-Kues, sagt: "Man muss individuell unterschiedlich handeln." Wichtig sei, dass die pflegenden Angehörigen die Würde der Erkrankten erhalten und achten, sagt Margret Brech, die für den Arbeitskreis Demenz arbeitet und das Caritas-Modellprojekt "Demenz - zu Hause leben" leitet (siehe Extra): "Wir wollen das Bewusstsein wecken, dass die Demenzkranken ihr Verhalten nicht mehr bewusst steuern können." Werde die Kommunikation mit dem Kranken verbessert, könne sich auch die Stressbelastung der pflegenden Angehörigen verringern.

Die Teilnehmer und Brech bemängeln, dass im Kreis Bernkastel-Wittlich Angebote zwischen ambulanter Versorgung und stationärer Pflege fehlen.

Die Versorgung von Lebenspartnern sei schwieriger als der Umgang mit anderen Angehörigen oder Fremden, glaubt Margret Brecht. Richard Brunner schildert, wie schwer es nach der Diagnose ist, die Realität der Krankheit zu akzeptieren. Seminare wie das in Bernkastel-Kues sollen Angehörigen helfen, dass sie die Krankheit ihrer Lieben akzeptieren und besser verstehen lernen. Extra Das Modellprojekt "Demenz - zu Hause leben" gibt es seit 2006, finanziert vom Land, vom Kreis Bernkastel-Wittlich und der Pflegekasse. Zu dem Angebot gehören regelmäßige Fortbildungen für Angehörige unter dem Motto "Hilfe beim Helfen". Ähnliche Angebote gibt es auch in den anderen Landkreisen der Region, einen Überblick veröffentlichen wir am 9. Dezember. (cmk)

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