Eingesperrt im Pfarrhaus

HEILIGKREUZ. Seit einem halben Jahr leben Nader Aliniea, seine Frau Arezu Almasi und Tochter Sadaf im Kirchenasyl in der Christuskirche. Die Flüchtlinge hoffen, nicht in den Iran zurückgeschickt zu werden.

"Möchten Sie einen Tee?", begrüßt Arezu Almasi den Besucher. Ihr Tee ist beliebt - bei Freunden, die gelegentlich hereinschauen, bei den Mitgliedern der Initiative, die ein Bleiberecht für die Flüchtlinge fordert und bei Journalisten, die sich für das Schicksal der Familie interessieren. Jeder Besuch ist eine willkommene Abwechslung im tristen Alltag der engen Wohnung. Nader Aliniea, Arezu Almasi und die 19 Monate alte Sadaf dürfen das Pfarrhaus in Heiligkreuz nicht verlassen, sonst werden sie verhaftet und in den Iran abgeschoben. Die Ungewissheit zehrt an den Nerven

Der immer gleiche Tagesablauf im Kirchenasyl macht der Familie zu schaffen. "Wenn ich abends ins Bett gehe, kann ich mich nicht auf den nächsten Tag freuen", sagt Arezu Almasi. "Es ist ja wieder derselbe Tag." Das Herumsitzen in der Wohnung findet Nader Aliniea furchtbar. "Ich fühle mich wie ein kranker Mann", berichtet er. "Ich bin von morgens bis abends zu Hause, ich weiß nicht, was ich machen soll." Unzählige Puzzles hat er schon gelegt, auch mit Computerspielen versuchte er sich abzulenken. Am liebsten würde er aber wieder seiner Arbeit nachgehen. Aliniea, der im Iran in der Immobilienbranche tätig war, hat in Trier bei McDonalds gearbeitet. Seine Stelle dort könnte er sofort wiederhaben - Aliniea war ein guter Mitarbeiter. Auch Tochter Sadaf geht es oft schlecht. "Sie merkt die Nervosität ihrer Eltern", sagt eine Freundin, die häufig zu Besuch kommt. In den sechs Monaten, in denen die Familie im Pfarrhaus der Christuskirche lebt, hat das inzwischen 19 Monate alte Mädchen laufen gelernt. Auch die Namen von Besuchern lernt sie schnell, spricht einzelne Worte auf persisch und deutsch. Vor drei Jahren kamen Nader Aliniea und Arezu Almasi nach Deutschland. Im Iran waren sie in der Opposition aktiv. Sie verließen das Land, als die Lage immer bedrohlicher wurde. In Deutschland beantragten sie Asyl als politisch Verfolgte. Drei Monate lebten die beiden in der Aufnahmestelle für Asylbewerber in Trier, dann zogen sie nach Saarburg. Ein Jahr lang arbeitete Aliniea im Schwimmbad in Saarburg - für 1,50 Euro die Stunde. Dann durfte er bei McDonalds in Trier anfangen. Eine herbe Enttäuschung war für die Familie der Ausgang des Asylverfahrens: Obwohl Bruder und Onkel von Arezu Aliniea als politisch Verfolgte anerkannt sind, wurden insgesamt vier Anträge abgelehnt. Im Februar entging die Familie knapp der Abschiebung. Vier Polizisten und ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde rückten bei einer Tante in Konz an. Am selben Tag gewährte Pfarrer Guido Hepke Kirchenasyl. Die letzte Hoffnung der Familie ist der Petitionsausschuss des Landes Rheinland-Pfalz in Mainz. Bang erwartet sie die Entscheidung. "Der Stress macht mich verrückt", sagt Arezu Almasi. Wenn der Ausschuss ein Bleiberecht gewährt, wollen die Eltern mit ihrer Tochter zu Arezu Almasis Onkel ziehen, der in Trier wohnt. "Das Regime im Iran wird noch lange an der Macht bleiben", schätzt Nader Aliniea. Nur wenn das Land eine demokratische Regierung hat, können er und seine Frau sich vorstellen, in den Iran zurückzukehren.

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