Elektrisierte Luft gegen bestialischen Gestank

Trier · Aufgeschnittene Zäune, Drohungen und Anfeindungen gegen Mitarbeiter: Die Pfalzeler Recyclingfirma Eu-Rec muss etliche Anfeindungen ertragen. Die neue Filteranlage, die die Abluft endlich vom Gestank reinigen soll, könnte schon im Juli in Betrieb gehen.

 Die Pfalzeler Recyclingsfimra Eu-Rec verarbeitet nicht nur Folien zu Granulat, sondern handelt auch mit Wertstoffen. Auf unserem Bild zu sehen ist das Außenlager der Firma im Trierer Hafen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Pfalzeler Recyclingsfimra Eu-Rec verarbeitet nicht nur Folien zu Granulat, sondern handelt auch mit Wertstoffen. Auf unserem Bild zu sehen ist das Außenlager der Firma im Trierer Hafen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: friedemann vetter (ve.), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Trier. Die Nerven liegen blank in Pfalzel. Und zwar nicht nur bei den Anwohnern, die seit 1,5 Jahren über Gestank klagen, der von der Recyclingfirma Eu-Rec in den Stadtteil wabert, sondern auch bei den beiden Geschäftsführern Simone und Willi Streit.
Denn die Pfalzeler wehren sich mittlerweile offenbar auf ihre Weise: Acht Mal sei der Firmenzaun bereits aufgeschnitten worden. Kürzlich seien zwei aufgeschnittene Ölkanister von außen aufs Gelände geflogen. "Vielleicht, weil jemand uns damit was anhängen wollte?", mutmaßt Simone Streit. "Wir wissen, wo Sie wohnen!", ist eine der Drohungen bei anonymen Anrufen und in wütenden E-Mails.Mitarbeiter zur Rede gestellt


Das Pfalzeler Stadtratsmitglied Thomas Neises hat sich aus Wut über den Gestank gar dazu hinreißen lassen, einen Mitarbeiter der Firma mit dem Auto zu verfolgen. Der Eu-Rec-Arbeiter fühlte sich genötigt anzuhalten. Neises stellte ihn zur Rede. "Um endlich zu erfahren, was in der Firma los ist und warum es so stinkt", rechtfertigt sich Neises.
"Wenn es gegen unsere Mitarbeiter geht, ist das Ende der Fahnenstange erreicht, finde ich", hält Firmenchef Willi Streit dagegen. "Höhepunkt war allerdings, als irgendjemand nachts zwei Kanaldeckel auf unserem Gelände aufgehebelt hat - nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn da ein Gabelstapler hängen geblieben wäre."
Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt. Nachdem die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord vor fast zwei Wochen eine Verfügung erlassen hat, nach der die Eu-Rec zumindest vorerst keine gelben Wertstoffsäcke aus der privaten Abfallsammlung mehr weiterverarbeiten darf, steht die Anlage der Recyclingfirma meistens still.
Statt der - häufig beschmutzten - Gelber-Sack-Folien verarbeitet die Eu-Rec zurzeit nur saubere Folien, wie sie zum Beispiel verwendet werden, um auf Paletten gestapelte Verkaufsware zu umwickeln. Während Gelbe-Sack-Folien für rund 30 Euro die Tonne zu haben sind, kostet der saubere Wertstoff allerdings 350 Euro pro Tonne. "Wir müssen unsere Kunden, mit denen wir Lieferverträge über das Kunststoffgranulat haben, das wir herstellen, ja bedienen", sagt Simone Streit. Mit einem mittleren sechsstelligen Betrag würde das behördliche Teil-Produktionsverbot wohl zu Buche schlagen. Angst um ihren Job müssten die 35 Mitarbeiter allerdings nicht haben.
Zumindest dann nicht, wenn die von der SGD Nord geforderte neue Filteranlage zügig eingebaut wird. Mitte oder Ende Juli könnte das so weit sein, hofft Willi Streit. Den Bau der neuen Anlage muss die SGD Nord allerdings genehmigen. Den Antrag dazu hat die Eu-Rec vorige Woche gestellt. "Wir prüfen derzeit noch, benötigen aber weitere Unterlagen", erklärte die SGD Nord am Montag auf TV-Nachfrage.
Nach neuer Waschanlage, besserer Vorsortierung der Folien und einer neuen Geruchsvernichtungsanlage, die vor zwei Wochen laut Eu-Rec wegen eines technischen Defekts allerdings versagte, soll die neue Filteranlage endgültig dafür sorgen, dass es in Pfalzel nicht mehr stinkt. "Es ist der neuste Stand der Technik, der Hersteller garantiert uns, dass der für Recyclingbetriebe zulässige Emissionswert von 500 Geruchseinheiten pro Kubikmeter Luft deutlich unterschritten wird", verspricht Willi Streit.Extra

Um die gesetzlichen Emissionswerte künftig einhalten zu können, will die Eu-Rec einen Ionisationsfilter in ihre Produktionsanlage einbauen. Dabei wird die bei der Kunststoffverarbeitung entstehende Abluft elektrisch aufgeladen. Die Ionen reagieren mit den organischen Geruchspartikeln und bauen diese ab. Eingesetzt werden solche Ionisierungsanlagen beispielsweise auch zur Luftreinigung in Schlachtereien oder Mastbetrieben. Ionisiert werden soll die Abluft der Eu-Rec laut Geschäftsführer Willi Streit nicht nur direkt im Kamin, sondern an mehreren Stellen der Anlage nahe der Produktionsprozesse. Zur Anlage gehört auch ein neuer Aktivkohlefilter. woc

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