Endlich schlägt's wieder zwölfe

Mehr als ein halbes Jahr lang waren zumindest einige Pfalzeler mehr oder weniger zeitlos. Jetzt ist wieder alles in Ordnung, vom Kirchturm schlägt das richtige Stündlein - dank neuem Hammer und Schlagwerk.

 Ohne den gewohnten Stundenschlag „seiner“ Kirchturmuhr wollte Christian Stief nicht länger sein. So organisierte er eine private Spendenaktion zur Reparatur. TV-Foto: Christine Cüppers

Ohne den gewohnten Stundenschlag „seiner“ Kirchturmuhr wollte Christian Stief nicht länger sein. So organisierte er eine private Spendenaktion zur Reparatur. TV-Foto: Christine Cüppers

Pfalzel. Nachdem monatelang die Uhrzeiten nicht vom Kirchturm verkündet wurden, schwiegen die Glocken nun gleich zwei halbe Tage lang ganz. Das hatte einen tiefen Grund: Ulrich Groß, Fachmann für Kirchturmuhren von der Firma Diegner und Schade aus Dorste, arbeitete zusammen mit Sohn Kevin im Pfalzeler Glockenturm. Sie bauten einen neuen Hammer samt "Zubehör" ein, der künftig für den Stundenschlag sorgen wird. Der alte Hammer war nach 50 Jahren in Elektronik und Lager kaputt. Über Motor und Seilzug verrichtet nun ein neuer Zehn-Kilo-Schläger seinen Dienst. Außerdem musste noch ein Relais ausgetauscht werden, was eine erneute Anfahrt samt halbem Arbeitstag in Pfalzels Höhenluft erforderte.

Damit ist die historische Uhr des Uhrmachermeisters Johann Wagner nun "runderneuert" und wieder voll einsatzbereit. Vor vier Jahren erst war sie auf Funksteuerung umgestellt worden. Nun hoffen die Verantwortlichen, dass in den nächsten Jahren keine großen Reparaturen anfallen. 1700 Euro kostet die jüngste immerhin. Für Pastor Jonas Weber ein Betrag, der "von der Kirchengemeinde gar nicht zu bezahlen ist". Umso wertvoller war die Initiative von Christian Stief, engagierter Pfalzeler und Aushilfsküster in der Pfarrei. Selber in nächster Nähe zur Kirchturmuhr aufgewachsen, wollte er das Nein zum Reparieren nicht hinnehmen. Er sprach Bekannte, Geschäftsleute und Gönner an und stellte ihnen die Bedeutung seiner "Mission" vor. So kamen durch Spenden von Privatleuten und Pfalzeler Firmen 860 Euro zusammen. Für den Rest liegt ein aussichtsreicher Zuschussantrag an den Ortsbeirat vor. Spenden werden weiterhin dankbar im Pfarrhaus entgegengenommen.

Bei der Pfalzeler Kirchturmuhr handelt es sich um ein historisch wertvolles Stück, das der 1800 in Pfalzel geborene Johann Wagner 1868 seiner Gemeinde geschenkt hatte. Auf den vier Zifferblättern sind jeweils der Name Johann Wagner sowie die Jahreszahl der Schenkung zu lesen. Aus seiner Heimat war Wagner nach Paris gegangen, wo er bei seinem Onkel als Mechaniker und Uhrmacher lernte. Er arbeitete sich hoch zum gefragten Konstrukteur von Turmuhren und Hofuhrmeister von Kaiser Napoleon III. Testamentarisch hatte er trotz der hohen Ehren in Frankreich festgelegt, dass sein Herz in Pfalzel beigesetzt werden solle. Und hier, in seiner Heimat, lernten Generationen von Kindern die Uhr kennen durch den steten Hinweis der Mütter auf den Schlag der Kirchturmuhr und das Ende der Spielzeit. So lebt Johann Wagner im Alltag seines Heimatortes weiter.

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