Entsetzen auf dem Friedhof

TRIER-NORD. "Es ist das Allerletzte, wenn man einem Toten die Blumen vom Grab klaut", sagt Annemarie Schönhofen erzürnt. Bereits das vierte Mal in diesem Jahr sei das Grab ihrer Mutter auf dem Hauptfriedhof "leer geräumt" worden. Auch bei anderen Gräbern bedienten sich die Blumendiebe.

Mühsam ist es für die Rentnerin, die Gräber ihrer Verwandten zu pflegen. Aber diesen Dienst übernimmt Annemarie Schönhofen gerne. "Zwei-, dreimal die Woche gehe ich auf den Friedhof", sagt sie. Doch bereits vier Mal, seit sie das Grab ihrer Mutter im Frühjahr mit neuen Blumen bepflanzt hat, seien diese über Nacht gestohlen worden. Auch fast alle Blumensträuße aus den Vasen, die sie und andere Verwandte dort zum Muttertag aufgestellt hatten, haben die Diebe mitgehen lassen. "Ich war so wütend und habe geweint." Verständnis kann sie für dieses "respektlose" Verhalten nicht aufbringen. "Wirklich ein starkes Stück"

Die Grabstätte liege eigentlich in einer ruhigen Gegend auf dem Trierer Hauptfriedhof. Doch die Diebstähle seien kein Einzelfall, berichtet Schönhofen. Auch bei den Nachbargräbern wären die Pflanzen schon von den Blumendieben entfernt worden. "Mir reicht es! Das kostet ja auch immer wieder Geld, neue Blumen zu kaufen und zu pflanzen", erklärt die Rentnerin. Bei der Polizei habe sie angerufen, aber eine Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten - da waren Annemarie Schönhofen die Aussichten auf Erfolg zu gering. Auch die Friedhofsverwaltung habe sie jedes Mal informiert. "Wir haben leider wenige Möglichkeiten, da etwas zu machen", sagt Franz Kalck, Leiter des Grünflächenamtes. Während der Pflanzsaison kämen allerdings einige solcher Vorfälle vor. Das Ordnungsamt sei verständigt worden, wenn größere Vergehen bekannt würden. Selbst Kontrollen durchzuführen, dafür fehle den Mitarbeitern die rechtliche Handhabe. Angesichts der Größe und des starken Pflanzenbewuchses auf dem Gelände - also entsprechenden Möglichkeiten für Verdächtige, sich ins Gebüsch zu schlagen - wird auch den Ordnungshütern kaum ein Pflanzendieb in die Hände fallen. "Dass Blumen gestohlen werden, passiert leider auch in anderen öffentlichen Anlagen wie dem Palastgarten. Da werden schon mal ganze Pflanzen ausgegraben", erklärt Kalck. Beim Friedhof seien dem Grünflächenamt die Hände auch deswegen gebunden, weil es nicht Nutzer der Flächen sei. Da seien Friedhofsbesucher und die Eigentümer der Grabstätten selbst gefordert, regelmäßig nach den Gräbern zu sehen, aufmerksam zu sein und die Polizei zu informieren. Um sich selbst zu helfen, hat Annemarie Schönhofen ein Schild geschrieben, das nun auf dem Grab warnt: "Wenn Sie noch einmal meiner lieben Mutter die Blumen stehlen, soll es Ihnen nicht gut gehen!" Ob das wirkt? Annemarie Schönhofen hofft es. Seit drei Wochen sei jedenfalls nichts mehr passiert, berichtet die Rentnerin.

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