Erinnern, dass wir Staub sind

TRIER. An seinem Namenstag habe er zwar eine "kleine Ausnahme" gemacht – ansonsten hat die Fastenzeit für den Trierer Pfarrer Josef Mettel ganz im Zeichen der Besinnung und des bewussten Lebens gestanden.

Vor dem Pfarrhaus St. Paulin in der Palmatiusstraße lehnt abfahrbereit ein Fahrrad. Auf den katholisch-schwarzen Drahtesel hat sich Pastor Josef Mettel in den vergangenen sechs Wochen häufiger als üblich geschwungen. "Sonst siegt auch bei mir oft die Bequemlichkeit über den Vorsatz, für kürzere Strecken auf das Auto zu verzichten", gesteht er. Aber während der Fastenzeit sei das anders. "Da lebe ich bewusster, und dazu gehört auch, auf gewohnte Annehmlichkeiten zu verzichten." Dass viele die Fastenzeit "nur" dazu nutzen, unliebsame Gewohnheiten für einige Wochen zu ändern und so ein paar Kilo abzuspecken oder endlich mehr Sport zu treiben, ohne dafür religiöse Gründe zu haben, stört den Pfarrer nicht. Von einem "inflationären Gebrauch der Fastenzeit" könne man nicht sprechen. "Das Wichtigste ist, dass Menschen sich auf ihr alltägliches Handeln besinnen und es hinterfragen - unabhängig von der Motivation." Ein Monopol auf die Fastenzeit habe die Kirche schließlich nicht.Bloßer Verzicht wird der Fastenzeit nicht gerecht

Für den Hirten der Pfarrgemeinden St. Paulin und St. Martin steht die Religiosität in der wichtigsten Zeit des Kirchenjahrs im Vordergrund. Der kirchliche Fastenauftrag sei allerdings früher häufig falsch verstanden worden. "Es wurde oft einfach komplett auf Fleisch und Süßigkeiten verzichtet", erklärt Mettel. Der eigentliche Sinn sei jedoch ein anderer: "Die Fastenzeit hat nichts mit Verboten zu tun, sondern mit bewusstem Leben, mit freiwilligem Sich-Zurücknehmen, mit dem Besinnen darauf, dass man Staub ist und zu Staub werden wird, mit der Solidarität mit Menschen, die nicht in unserem Überfluss leben." Obwohl Pastor Mettel "eigentlich schon mal ganz gerne ein Bier trinkt", verzichtet er in der Fastenzeit auf Alkohol. Außerdem habe er ein paar Kilo abgenommen - nicht nur durchs Radfahren: "Ich esse insgesamt weniger, häufiger nur ein Stück Brot, aber ich stelle mich nicht auf die Waage, denn der Gewichtsverlust ist dabei unwichtig." Die Pfarrämter bieten Heilfasten, Bibelabende und Seniorennachmittage in der vorösterlichen Zeit an, außerdem werden die Kommunionkinder auf ihren "großen Tag" vorbereitet. "Die Fastenzeit ist für mich eine innig-persönliche, spirituelle Zeit", sagt Mettel. Jesu Leidensgeschichte habe er intensiv gelesen - wie jedes Jahr vor Ostern. "Diesmal habe ich für mich besonders herausgearbeitet, wie aktuell die Passionsgeschichte ist." Wie Veronika, die dem verurteilten Jesus das Schweißtuch reichte, gebe es auch heute noch Menschen mit Zivilcourage. Wie Simon, der für Jesus das Kreuz trug, gebe es auch heute Menschen, die andere im Leiden nicht alleine lassen. "Auch um diese Hoffnung geht es in der Fastenzeit", sagt Mettel. Auf einer zehntägigen Pilgerreise nach Israel mit 42 Geistlichen aus dem Bistum und mit dem Trierer Bischof habe er sich auf die Spuren Jesu begeben. "Mit den Händen in die Erde des Berges Golgatha, auf dem Jesus gekreuzigt wurde, zu greifen - das war ein sehr eindringliches Erlebnis." Nach einem ruhigen Karfreitag, angefüllt mit Gebeten und Gottesdiensten, wird heute Abend ab 21 Uhr in St. Paulin gefeiert: "Die Osternacht ist der Gottesdienst des Jahres", freut sich Pastor Mettel. Morgens um sechs wird der Ostersonntag in St. Martin gefeiert. "Das wird etwas ganz Besonderes, weil in dieser Messe ein Kind getauft wird." Bunte Ostereier, "als Symbol des sich Bahn brechenden Lebens", gebe es anschließend beim Frühstück der Gemeinde St. Martin. "Das wird ein festlicher, froher Tag - nicht aus Freude über das Ende der Fastenzeit, sondern als Höhepunkt einer Zeit des bewussten Lebens."

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