Erstmals gehen die Lichter aus

Süßer die Kassen nie klingeln … in der Adventszeit werden dicke Umsätze gemacht. Geht es aber um die finanzielle Beteiligung an Weihnachtsbeleuchtung und Park&Ride-Service, stellen viele Händler und Gastronomen ihre Ohren auf Durchzug. Jetzt erstmals mit Konsequenzen.

 Aus und vorbei: Über der Karl-Marx-Straße wird es 2009 keinen Festschmuck geben. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Aus und vorbei: Über der Karl-Marx-Straße wird es 2009 keinen Festschmuck geben. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Trier. Walter Raab (72) hat "die Faxen endgültig dicke". Mehr als 30 Jahre lang waren er und Friseurmeister Willy Buschmann die Garanten der Weihnachtsbeleuchtung in Brücken- und Karl-Marx-Straße. Aus Kostengründen montierte Raab oft eigenhändig die Lichterketten. "Aber auch alles andere blieb an uns hängen. Die Büroarbeit und schließlich das Bezahlen der Stromrechnung. Da fühlten sich manche Geschäftsleute überhaupt nicht angesprochen, als wir um finanzielle Beteiligung in einer Größenordnung von jeweils etwa 150 Euro baten." Also legten Konditormeister Raab und Buschmann noch kräftig aus eigener Tasche drauf. Der Mangel an Solidarität und "freche Briefe mit der Frage, wie wir es überhaupt könnten, um eine Beteiligung zu bitten", brachten für Raab das Fass zum Überlaufen. Folge: In Brücken- und Karl-Marx-Straße wird es diesmal keine Weihnachtsbeleuchtung geben.

Probleme, das Geld für den Lichterglanz zusammenzubekommen, haben auch andere Straßengemeinschaften. Etwa in der Sim. Dort werden die Lichterketten zwar in Kürze aufgehängt - "Der Auftrag dazu ist erteilt. Aber wir wissen nicht, ob wir es uns leisten können, sie in der ganzen Adventszeit anzuschalten", berichtet Yvonne Steffgen (34), Vorstandsmitglied im Arbeitskreis Simeonstraße e. V.

Viele Großbetriebe halten sich bedeckt



Derzeit sei erst ein Bruchteil der Kosten gedeckt. Mit 4000 Euro schlagen das Auf- und Abhängen zu Buche. Sparen ließe sich notfalls bei den Stromkosten (2500 Euro bei Vollbetrieb). Wenn die wiederholte Bitte um Beteiligung bei einigen der 50 angesprochenen Firmen in der Sim "weiterhin auf taube Ohren stößt, dann müssen die Lichter tageweise ausgeschaltet bleiben", fürchtet Yvonne Steffgen.

Ein anderes wichtiges Element des Weihnachtsgeschäfts steht ebenfalls auf wackligen Füßen: der Park&Ride-Service an den Adventssamstagen. Für die Nutzer ist das Angebot (Auto an der Fachhochschule oder im Messepark abstellen und per Pendelbus zum Shoppen und zurück) kostenlos, weil die City-Initiative zahlt - so sie denn das Geld hat. Doch diesmal sieht es besonders düster aus. Fünfmal (vier Adventssamstage plus verkaufsoffener Sonntag, 29. November) will die Dachorganisation der Händler und Gastronomen den P&R-Service bei den Stadtwerken ordern. Kostenpunkt: rund 23 000 Euro. "Uns stehen aber bisher nur 13 800 Euro zur Verfügung", zieht City-Initiative-Chefin Karin Kaltenkirchen (40) eine ernüchternde Bilanz der "Bittbrief-Aktionen". Was sie besonders wundert, "ist die Nicht-Reaktion insbesondere von einigen großen Unternehmen. Sollten die sich nicht noch engagieren, könne es statt fünf- nur dreimal P&R geben, also nicht am 13. und 20. Dezember.

Michael Wöffler (43), Inhaber der Firma, die die Weihnachtsbeleuchtung installiert, versteht die Zurückhaltung nicht: "Alle profitieren, und nur einige zahlen - das kann's doch nicht sein." Er selbst hat "aus Überzeugung und Solidarität" 250 Euro für den P&R-Service gestiftet.

Meinung

Einstellungssache

Alle Jahre wieder … produziert die Einkaufsstadt Trier Negativ-Schlagzeilen in der Vorweihnachtszeit. Es mangelt an Solidarität, die Weihnachtsbeleuchtung und den Park&Ride-Service auf eine gesunde finanzielle Basis zu stellen. Auch wenn bisher alle Jahre wieder auf den allerletzten Drücker die Kuh vom Eis geholt wurde: Brücken- und Karl-Marx-Straße bleiben diesmal Lichterglanz-freie Zone. Am Geld allein liegt's sicher nicht. Wohl aber an der richtigen Einstellung. So verweigern manche Kaufleute den P&R-Obolus mit der arroganten Begründung "Unsere Kunden kommen nicht mit dem Bus." Ein dämliches Argument. Das P&R-Angebot verhindert ein Verkehrschaos in Trier und führt dazu, dass es überhaupt noch Platz in Parkhäusern gibt. r.morgen@volksfreund.de

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