Es menschelt in den Kisten

TRIER. Sieben überdimensionale Stahlgehäuse, wabenförmig verwoben und gefüllt mit nach Lebensphasen geordneten Erinnerungen – so setzt sich die Künstlerin Mana Binz mit dem Thema "Migration" auseinander.

 Die Urheberin der sieben Lebensphasen der "Artecelli"-Installation: Mana Binz in ihrer Kulturwerkstatt in Lieser, in der ein Koffer-Projekt ebenfalls die Migration thematisiert.TV-Foto: Melanie Wollscheid

Die Urheberin der sieben Lebensphasen der "Artecelli"-Installation: Mana Binz in ihrer Kulturwerkstatt in Lieser, in der ein Koffer-Projekt ebenfalls die Migration thematisiert.TV-Foto: Melanie Wollscheid

Dass sie ihr Werk interaktiv angedacht hat, ermöglicht Jedem am Weiterwachsen ihrer Plastik mitzuwirken. Am Sonntag bietet der Familientag Groß und Klein die Möglichkeit, sich zwischen 14 und 18 Uhr im Hof der Bischöflichen Weingüter spielerisch der Kunst zu nähern.Was Kunst so alles auslösen kann: Im Falle von Monica Weitbrecht (alias Mana Binz) war's der Kauf eines Autos. "Ich hab seit Jahren kein eigenes Auto, aber nun war es einfach notwendig", schmunzelt die 58-Jährige und schaut stolz aus dem Fenster auf den Jeep im Hof.

Die vielen Pferdestärken unter der Motorhaube waren unerlässlich, um aus ihrer überdimensionalen Installation einen mobilen künstlerischen Beitrag zur Kulturhauptstadt zu machen. Die Mobilität war ihr wichtig, denn sie visualisiert zusätzlich den Kerngedanken des Werkes: "Es geht um Migration - sowohl die innere als auch die äußere."

Sieben Phasen - Geburt, Kindheit, Jugend, Erwachsenwerden, Liebe, Krisen und Sterben - erlebt jeder Mensch im Laufe seines Lebens. So sammeln sich auch zu jedem Thema Erinnerungen.

Und genau diesen bietet die Installation ein Forum. Wer möchte, kann der Künstlerin persönliche Gegenstände übergeben, damit diese in die Installation eingebaut werden. Das Prozedere verläuft, wie es der Einzelne möchte: Manche erzählen ihre persönlichen Geschichten im direkten Gespräch, andere schicken Briefe. Man hat auch die Möglichkeit, anonym zu bleiben. "Interessanterweise passiert dies vor allem in den Bereichen ,Sexualität, Liebe und Sterben'", berichtet Mana Binz. Manchmal überlässt man auch ihr die Entscheidung, welcher Lebensphase sie den jeweiligen Gegenstand zuordnen möchte. "Ich erinnere mich an eine Frau, die mir eine Erinnerung an ihre künstlichen Befruchtungen übergab und mir erzählte, dass sie gesunde Zwillinge habe, aber auch schon die Erfahrung machen musste, ein Kind zu verlieren - solche Geschichten zeigen mir, welches Vertrauen man meiner Kunst entgegenbringt", freut sich die gebürtig aus Lieser stammende Frau.

Krisen-Kiste noch unterversorgt

Auch Mana Binz selbst hat ein bezeichnendes Stück ihres Lebens in die Skulptur integriert: So ziert das Firmen-Schild ihres Vaters, ein Architekt, die Krisen-Kiste (eine ihres Erachtens momentan unterversorgte Kategorie, für die sie sich Unterstützung erhofft). Dass es dort landete, zeugt von dem langen Kampf, den die kreative Tochter für ihre Kunst ausfechten musste. "Ich habe überlegt, ob ich es nicht doch in der Liebes-Kiste ausstellen sollte, aber das wäre doch etwas zu viel gewesen", räsoniert sie, nachdenklich.

Bis Gründonnerstag haben Interessierte Gelegenheit, sich in den Bischöflichen Weingütern mit der Kunst von Mana Binz zu befassen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort