"Europa braucht Gott"

TRIER. (hil) Ob Gott Europa braucht, dessen ist sich Bernhard Vogel nicht ganz gewiss. Klar dagegen ist dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Thüringen und dem "Vater der Uni Trier", dass Europa nicht ohne Gott kann.

Die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Trier hat es Bernhard Vogel nicht ganz einfach gemacht. Spätestens seit dem von einer Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d' Estaing vorgelegten Verfassungsentwurf für die Europäische Union wird ein möglicher Gottesbezug in der Verfassung diskutiert. Die Franzosen, geprägt vom laizistischen Verständnis, nach dem Staat und Kirche strikt zu trennen sind, fordern eine "gottlose" Verfassung.Deutschland und andere würden dagegen gerne eine Berufung auf Gott in der europäischen Verfassung verankern. Bernhard Vogel auch. Das betonte der CDU-Politiker auf Einladung der KHG im Audimax der Universität.Werte-Inflation statt Wertemangel

Gott ist nach Meinung Vogels das Fundament des menschlichen Zusammenlebens.Der Konsens auf einen westlichen Wertekanon sei aus den christlichen Grundwerten entstanden. Nicht ohne Grund hätten die Väter des deutschen Grundgesetzes bereits im ersten Satz der Präambel einen Bezug des Gesetzes auf Gott verbrieft. "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen (...) hat sich das Deutsche Volk (...) dieses Grundgesetz gegeben", heißt es dort. Damit sei nicht nur der christliche Hintergrund der Rechtsordnung klar, sondern "schon im ersten Satz sind die Grenzen der Entscheidungskompetenz" aufgezeigt. Ähnliches fordert Vogel für eine europäische Verfassung. Für ihn sei kein Wertemangel in der heutigen Gesellschaft festzustellen, sondern eher eine Werte-Inflation, sagte Vogel. "Geändert hat sich die Prioritätenliste."Die generelle Richtung in die sich die Gesellschaft entwickle, sei bestimmt durch Begriffe wie Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, Selbstverantwortung. Viel weniger populäre seien Verantwortung für andere und Selbstständigkeit. "Der Individualisierung wird nichts entgegengestellt", beklagte Vogel, für den es keine christliche Politik, sondern nur christliche Politiker gibt. Der CDU-Mann warnte vor dem "bedrohlichen Übergang von Toleranz in den Nihilismus von Geltungslosigkeit". Von Entscheidern in Wirtschaft und Politik forderte er vor gut 200 Zuhörern, ihren Entscheidungen christliche Wertmaßstäbe zu Grunde zu legen. "Langfristig wichtiger als die weltweite Verbreitung von Coca Cola ist die weltweite Verbreitung gleicher Werte", sagte Vogel.Eng in Zusammenhang mit der Diskussion um einen Gottesbezug in der europäischen Verfassung steht für Bernhard Vogel der in Deutschland im vergangenen Jahr entbrannte "Kopftuchstreit". Dabei müsse allen klar sein, dass ein Kopftuch sowohl Zeichen für militanten Islamismus, als auch freiwilliger Ausdruck für Frömmigkeit sein kann. "Vom Kopftuch darf man nicht auf eine fundamentalistische oder militante Gesinnung schließen", betonte der Politiker. Mit Kreuzen oder Ordenstrachten sei das Kopftuch nicht vergleichbar, da dies ausschließlich religiöse und nicht auch politische Symbole seien.

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