Für die Hälfte der Kultur fehlt das Geld

Zwei große Brocken dominieren den Verwaltungshaushalt des Dezernates 3, dem Dezernent Ulrich Holkenbrink (CDU) vorsteht: Die Schulen mit rund einem Drittel Anteil am Ausgaben-Budget von knapp 33 Millionen Euro, und die Kultur, die die restlichen zwei Drittel "verfrühstückt".

 Szene aus „Requiem“: Auch in der kommenden Spielzeit am Trierer Theater ist knapp die Hälfte des Etats von Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink nicht gedeckt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Szene aus „Requiem“: Auch in der kommenden Spielzeit am Trierer Theater ist knapp die Hälfte des Etats von Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink nicht gedeckt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Etwas weniger als die Hälfte der Ausgaben ist durch Einnahmen gedeckt. Macht fürs Jahr 2007, jedenfalls nach der Planung, einen Zuschussbedarf von 18,1 Millionen Euro. Gemäß Konsolidierungsvorgabe sollen es 2008 nur noch 16,6 Millionen sein. Macht immerhin 1,5 Millionen Euro, die Ulrich Holkenbrink erwirtschaften soll. Stimmt sein Plan für das kommende Jahr, dann will er 0,4 Millionen durch zusätzliche Einnahmen reinholen - und den Rest durch geringere Ausgaben. Sensibles Terrain

Dabei ist sein Spielraum im Bereich der Schulen recht gering. Die Stadt ist für den Unterhalt und die Ausstattung von mehr als 40 Schulen verantwortlich, das Lehrpersonal wird vom Land gestellt. Die dringend notwendigen Investitionen finden sich zwar nicht im Verwaltungs-, sondern im Vermögens-Haushalt. Aber die frisch sanierten Gebäude müssen natürlich unterhalten und vernünftig ausgestattet werden - und das kostet Geld. So darf Holkenbrinks Schulhaushalt 2008 unterm Strich sogar eine Viertelmillion mehr Zuschüsse beanspruchen als 2007.Da bleibt bei den Einspar-Vorgaben nur die Kultur. Aber auf diesem sensiblen Terrain kommt dem Dezernenten ein wundersamer Glücksfall zu Hilfe. Aufgrund der Kulturhauptstadt und der Konstantin-Ausstellung ist sein Zuschuss-Budget im laufenden Jahr um gut eine Million höher als etwa 2006. Weil aber die Mammut-Projekte 2008 nicht mehr anfallen, hat er über zwei Drittel seiner Spar-Pflichten schon ohne weiteres Zutun erfüllt. Immer vorausgesetzt, der Stadtrat akzeptiert das 2007er-Budget als Geschäftsgrundlage.Die restliche Einspar-Summe hat das Dezernat quer durch den Garten zusammengeklaubt. Bei den Ausgaben müssen fast alle ein bisschen bluten, auch wenn längst keine Spielräume mehr vorhanden sind, etwa bei VHS oder Stadtbibliothek. Selbst der ohnehin kleine Zuschussposten von 30 000 Euro für Kultur-Vereine wird um 3000 Euro gekappt.Was dann noch fehlt, wird durch die Hoffnung auf höhere Einnahmen kompensiert. Der Sommertreff im Brunnenhof beispielsweise soll 30 000 Euro weniger kosten, aber 20 000 mehr Eintrittsgelder erzielen. Ähnliche Mirakel erwartet man bei "Brot und Spiele". Ob das Geld kommt, ist eine andere Frage. Aber es macht sich jedenfalls gut in der Planung. Im Gegenzug hat man viele Ausgaben-Posten weggelassen, obwohl man weiß, dass sie unumgänglich sind. Der Europäischen Akademie hat man die Übernahme von Gebäudekosten von mehr als 100 000 Euro zugesagt, damit die Existenz der Einrichtung nicht akut gefährdet wird. Im Haushaltsansatz findet sich davon nichts. Das Stadtmuseum Simeonstift braucht aufgrund der massiven Erweiterung seiner Kapazität geschätzte 50 000 Euro für zusätzliche Heizkosten - der Posten fehlt. Die Antikenfestspiele leiden unter chronischer finanzieller Unterdeckung und haben fürs nächste Jahr trotzdem ambitionierte, allseits begrüßte Pläne - nur das Geld nicht. Gerade hat der Kulturdezernent in Luxemburg stolz die Nachfolge-Struktur für die Kulturhauptstadt mit präsentiert - sie wird kaum ohne Budget auskommen. Lauter zusätzliche Kosten. Und keiner weiß, woher das Geld kommen soll. Den vielen offenen Baustellen steht nur eine (geplante) tatsächliche Einsparung gegenüber: der städtische Bücherbus. Aber selbst da regt sich im Kulturausschuss prompt mächtiger Widerstand. Vollends zum Potemkin'schen Dorf wird der Kultur-Haushalt freilich erst durch den Umstand, dass die zu erwartenden Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst - wie im kompletten Trierer Etat - noch nicht eingerechnet sind. Weil die Kultur mit ihrem Flaggschiff Theater besonders personalintensiv ist, würde eine Tarifsteigerung von 3,5 Prozent den Etat um gut zwei Prozent sprengen. Kommt die Erhöhung (und es ist sicher, dass sie kommt), bleiben nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Ausgaben werden entsprechend erhöht - dann wäre der von OB Jensen vorgegebene Einspar-Effekt ins Gegenteil verkehrt - , oder mitten im Haushaltsjahr müssen alle Notbremsen gezogen werden. Was das zum Beispiel im Theater bedeuten könnte, wird schon lange unter der Hand erzählt: Die Schließung einer großen Sparte wie dem Schauspiel. So schlimm werde es nicht kommen, raunen alt-erfahrene Strategen. Am Ende würden die Probleme gelöst wie immer: durch zusätzliche Schulden. Das ist manchem allemal lieber als eine ehrliche Diskussion über die Frage, welche Projekte, Institutionen und Veranstaltungen sich die Stadt leisten kann und will. Und wie man die städtischen Leistungen so entbürokratisiert, dass sie konstengünstiger angeboten werden könnten.Straßenbau und Stadtentwicklung behandeln wir im nächsten Teil der Serie über den Haushalt der Stadt Trier. Glossar Vermögenshaushalt: Dieser Haushalt ist das Investitions-Verzeichnis der Kommune. Er umfasst die Projekte, in die Geld investiert wird. Der Vermögenshaushalt enthält alle Einnahmen und Ausgaben, beispielsweise Ausgaben für den Straßenbau oder Einnahmen aus dem Verkauf städtischer Grundstücke. Verwaltungshaushalt: Der Verwaltungshaushalt umfasst keine einzelnen Projekte, sondern laufende wiederkehrende Kosten für Energieversorgung, Versicherungsbeiträge und Personalausgaben. Fehlbetrag/Haushaltsdefizit: Ein ausgeglichener Haushalt liegt dann vor, wenn Erträge und Aufwendungen gleich hoch sind. Ein Haushaltsdefizit (auch Fehlbetrag genannt) entsteht, wenn die Aufwendungen die Erträge übersteigen. Die meisten Städte und Gemeinden müssen Defizite vermelden. Im umgekehrten Fall spricht man von einem Haushaltsüberschuss. Kameralistik: Kameralistik ist ein Verfahren der Buchführung. Im Gegensatz zur Doppik, also der kaufmännischen doppelten Buchführung in Konten Soll und Haben, werden bei der Kameralistik Einnahmen und Ausgaben betrachtet, jedoch nicht die Erträge und Aufwendungen. Doppik: Mit der doppelten Buchführung in Konten (Doppik) wird die kaufmännische Buchführung auch in der Verwaltung eingeführt. Die Doppik ersetzt die Kameralistik. Die Stadt Trier wird dieses System der doppelten Buchführung ab 2009 einsetzen.(fun/jp)

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