Ferner Osten – Ganz nah

TRIER. Die meisten kommen als Touristen und bleiben nur wenige Tage. Doch immerhin 437 Chinesen leben in Trier – ein Großteil sind Studenten. Sie hoffen, nach ihrer Ausbildung in Deutschland in ihrer Heimat einen guten Job zu bekommen.

An der Universität Trier studieren 290 Chinesen. Sie kommen aus verschiedenen Teilen Chinas. Ihre Hoffnung: nach dem Studium in ihrer Heimat eine gute Arbeitstelle zu finden. Anfang der 80er-Jahre wurde an der Universität Trier das Fach Sinologie - die Lehre von der chinesischen Literatur und Sprache - aufgenommen. Unabhängig davon, dass Trier der Geburtsort vom Karl Marx ist, hat die Stadt gute Beziehungen zu dem bevölkerungsreichsten Land der Erde.Wirtschaftsstudium bevorzugt

Ein typisches WG-Durcheinander herrscht im Wohnzimmer: überall Bücher und Papiere, in der Ecke ein alter Staubsauger. Man erkennt auf den ersten Blick: die Mieter sind fleißig. Das liegt sicherlich auch daran, dass sie ihr Studium selbst finanzieren. Der chinesische Student Qiang Fu, seine Freundin Qian Shen und sein Mitbewohner Dong Yang kamen nach Trier, um zu studieren. Mehr als die Hälfte der chinesischen Studenten an der Universität Trier machen ihr Studium im wirtschaftlichen Bereich. Ein in Deutschland erworbenes Studium eröffnet in China gute Chancen, einen hoch qualifizierten Job zu bekommen. Nach Trier wollten sie von Anfang an, da die Stadt einen guten Ruf unter ausländischen Studenten hat. Trierer gelten als freundlich, die Stadt ist sauber und ist von einer wunderbaren Landschaft umgeben. Qiang Fu ist Ende Zwanzig. Er arbeitete in seiner Heimatstadt bei einer Bank und konnte sich dadurch etwas Geld sparen. Damit finanziert er nun sein Studium in Deutschland. Der junge Bankangestellte hatte immer gern mit Kunden zu tun, deswegen belegte er an der Uni Management und Marketing als Hauptfächer. Zuhause studierte er Finanzbuchhaltung. Vor seinem hiesigen Studium besuchte er einen deutschen Sprachkurs in Bayern. Qian Shen, Mitte Zwanzig, kam ohne Umwege nach Trier. Dort lebt seit zehn Jahren ihre Tante, die ihr in der ersten Zeit beistand. Die junge Frau studiert Informatik. Zwei Jahre lang hatte sie dieses Fach in China. Ein Jahr besuchte sie den Sprachkurs "Deutsch als Fremdsprache" an der Uni Trier. Die Eltern helfen bei der Finanzierung des Studiums, und sie verdient nebenbei auch etwas Geld. Wenn sie nach acht Semestern ihr Diplom bekommt, will sie wieder zurück. Die Menschen in Trier seien freundlich, die Stadt sei schön, doch die zwischenmenschlichen Beziehungen seien nicht so eng wie in der Heimat. Deswegen komme sie sich manchmal fremd vor - trotz vieler Freunde. Der Vater von Dong Yang hat in China eine Elektrofirma. Eine Arbeit, die auch den Sohn interessierte. Nun studiert der junge Chinese an der Fachhochschule Elektrotechnik, Datenverarbeitung und Englisch. Auch er will nach seiner Ausbildung zum Ingenieur der Elektrotechnik nach China zurückkehren. Vor Trier war er in Bonn und in Köln. Dort lernte er die deutsche Sprache. Er entschloss sich jedoch nach Gesprächen mit anderen Studenten vor drei Jahren, nach Trier zu gehen, da er viel Gutes über die Stadt gehört hatte. Auch ihm helfen seine Eltern mit Geld, und er verdient neben dem Studium etwas dazu. Studenten wie Qiang Fu, Qian Shen und Dong Yang könnten die zukünftige Brücke zwischen Deutschland und dem mittlerweile gar nicht mehr so exotischen China bilden.

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