Festzelt statt Konzertsaal - Florian Silbereisen begeistert Trierer Publikum

Trier · 4000 Besucher in der Trierer Arena. Ausverkauft. Schon nach einer Stunde sitzt kaum noch jemand im Publikum, fast alle klatschen oder singen mit, manche tanzen in den Gängen zu alten und neuen Schlagern. Zum Schluss verabschiedet man sich mit „Gute Nacht, Freunde“. Ein gelungener Abend.

Festzelt statt Konzertsaal - Florian Silbereisen begeistert Trierer Publikum
Foto: Daniel John

So weit die Kurzform dessen, was sich am Freitag beim Schlagerfest mit Florian Silbereisen abgespielt hat. Und doch lohnt es sich, ein wenig genauer hinzuschauen, denn die Veranstaltung war in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Schon die Ankündigung als "Party des Jahres" hat nicht mehr viel gemein mit den früheren "Festen der Volksmusik". Statt der langbeinigen Damen des MDR-Fernsehballetts fünf Tänzer, die mit Basketbällen jonglieren und akrobatische Sprünge zeigen, so beginnt die Show - als würde gleich ein schwarzer Gangsta-Rapper die Bühne betreten. Doch nicht Snoop Dogg oder 50 Cent sind die Interpreten des Abends, sondern Party-Veteran DJ Ötzi, die Volksmusik-Rocker Voxxclub und Klubbb3, wohinter sich neben Florian Silbereisen der niederländische Ex-Kinderstar Jan Smit und der Belgier Christoff verbergen. Auf einen Nenner gebracht heißt das: Festzelt statt Konzertsaal.

Bestand Florian Silbereisens Konzept in den vergangenen Jahren daraus, die größten Stars der Branche ihre größten Hits singen zu lassen und sich selbst vorwiegend auf die Moderation zu beschränken, so wird jetzt querbeet alles intoniert, was für Stimmung sorgt - "Moskau" von Dschinghis Khan zum Beispiel oder "Ich war noch niemals in New York" von Udo Jürgens. Wenn das Klubbb3-Trio in Glitzersakkos und mit Langhaarperücken als Die Flippers auftritt, dann stellt sich die Frage: Ist das Interpretation oder Imitation? Erweisen die drei dem Original die Ehre oder machen sie sich darüber lustig? So genau will das wahrscheinlich ohnehin niemand wissen. Einfach mitklatschen und weiter. Apropos klatschen: Beim Zillertaler Hochzeitsmarsch tun das die Tänzer nicht nur auf die - eigenen - Schenkel, sondern auch auf die - fremden - Hintern. Ausgelassen fröhlich oder einfach nur peinlich?

Ach ja, fast vergessen: Zur illustren Männerrunde gesellt sich - man hat das Gefühl: als Quotenfrau - Sarah Jane Scott. Die Schwiegertochter von Stephan Remmler singt - sehr blond, sehr süß und sehr naiv - ihren ersten Hit "Hallo, hallo", wünscht sich - schmacht! - einen Cowboy als Mann und hüpft - ach wie niedlich! - mit einem Biene-Maja-Luftballon über die Bühne.

Ob das neue Konzept dauerhaft trägt, muss sich erst noch erweisen. Die Gefahr: Das traditionelle, ältere Schlagerpublikum wendet sich ab, ohne dass jüngeres nachrückt. Die Chance: Es gelingt, neue Zielgruppen zu gewinnen, ohne die Stammklientel zu verprellen. Eine ausverkaufte Arena ist dafür zumindest kein schlechter Anfang.EXTRA


Reaktionen aus dem Publikum: "Super!", sagt Silvia Gukumus aus Bernkastel-Kues. "Besser als im Fernsehen!", ergänzt ihre Nachbarin Roswitha Bija. Zwei Damen aus Trier, die anonym bleiben wollen, finden es "schade, dass nur eine Sängerin dabei war". Und Tänzer mit Basketbällen, das hätte doch "mit der Musik nicht viel zu tun". Völlig "enttäuscht" ist eine weitere Besucherin aus Bernkastel-Kues, die ihren Namen ebenfalls nicht nennen möchte: "Wie im Kindergarten", meint sie. "Ich würde nicht noch mal hingehen."

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