Fette Beats in stiller Nacht

Trier · Wenn auf dem Partyplatz gespenstische Stille herrscht und trotzdem alle richtig abrocken - dann ist "Silent Disco" angesagt. Im Trierer Brunnenhof hat der neue Fetentrend, bei dem die Musik aus Kopfhörern kommt, am Mittwoch Premiere gefeiert. Und er kam bei den Gästen gut an.

 Porta-Nigra-Vorplatz in vorweihnachtlichem Glanz: Pia Gottszky freut sich über die blauen Lichtkegel, die seit Mittwochabend das Umfeld des Trierer Wahrzeichens illuminieren. TV-Foto: Friedemann Vetter

Porta-Nigra-Vorplatz in vorweihnachtlichem Glanz: Pia Gottszky freut sich über die blauen Lichtkegel, die seit Mittwochabend das Umfeld des Trierer Wahrzeichens illuminieren. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Eine Gruppe Studenten tanzt im Halbkreis durch den Brunnenhof. Im Hintergrund wandern die Lichter grüner Scheinwerfer über die Mauern, die den Platz neben der Porta Nigra begrenzen. Die jungen Leute hüpfen, singen, werfen die Arme in die Luft. Die Stimmung ist prima, die Party in vollem Gang - und auf dem Platz drum herum ist es mucksmäuschenstill.
Die Musik, zu der die Tänzer ihre Körper bewegen, hören nur sie. Sie kommt aus dicken, schwarzen Kopfhörern, die sich die Studenten über die Ohren gestülpt haben. Ein DJ schickt sie ihnen per Funk von seinem Mischpult direkt auf die Ohren. "Silent Disco" (stille Disco) - so heißt die ungewöhnliche Party, die in Trier Premiere feiert. Die Veranstaltung ist Teil der Kulturreihe "Winterliches Trier", organisiert vom städtischen Kulturbüro. Mit den Freiluftfeten wollen die Organisatoren das Porta-Nigra-Umfeld im Advent für Besucher attraktiver machen. Der Eintritt ist frei, die Kopfhörer gibt es gegen Pfand.
Lautstärke selbst einstellen


Um 21 Uhr am Mittwochabend sind etwa 60 Gäste in den Brunnenhof gekommen und sammeln sich an den Stehtischen. "Hey, das Lied ist klasse!", ruft eine Frau ihrer Begleiterin zu - ein wenig zu laut, denn sie trägt schon die Kopfhörer. Die Lautstärke, begrenzt auf 80 Dezibel, können die Partygäste per Schalter selbst regulieren.
Am Nebentisch singen zwei Frauen aus voller Kehle: "Muss nur noch kurz die Welt retten", den Hit von Tim Benzko. Dass sich ein paar Nicht-Kopfhörerträger in ihrer Nähe darüber amüsieren, stört sie nicht. "Ich find die Idee total lustig", sagt Gabi Mares (47) aus Kasel und nimmt den Kopfhörer kurz ab. "Vor allem, wenn man die Leute zur Musik rumwackeln sieht, die man selbst gerade gar nicht hört." Mares Begleiterin fasziniert besonders die Location: "Das Ambiente im Brunnenhof ist toll, müsste viel mehr genutzt werden." Im nächsten Moment ziehen beide schnell ihren "Kopfschmuck" wieder auf. "Yeah! Die Foo Fighters!", lautet die knappe Erklärung.
Während die zwei Frauen richtig abrocken, sind andere noch skeptisch. Ihre Kopfhörer haben sie lässig um den Hals hängen, wärmen sich ihre Finger am Glühpunsch. An den kleinen Feuerstellen in der Platzmitte stehend beobachten sie die Tänzer - ohne zu hören, welcher Song diese gerade in Bewegung versetzt. Wer genau hinschaut, kann aber die Buchstaben "TNT" von den Lippen ablesen. Setzt er dann noch schnell den Kopfhörer auf, schallt ihm der Klassiker der australischen Hardrock-Band AC/DC entgegen.
DJ spielt Wunschtitel


Der Sound kommt von DJ Dominik Fries vom Trierer Cityradio. Für die leise Disco hat er einen Mix aus Techno, Pop, HipHop und Rock mitgebracht. Die Party sei eine Herausforderung, sagt er, "kein Selbstläufer wie das Auflegen im Club". Etwas sei jedoch viel intensiver: "Es gibt viele Musikwünsche, die Leute kommen mehr auf mich zu."
Auch jetzt schallt ein Wunschtitel über den Platz - "Wonderwall" von Oasis. Zwar etwas schief, aber das hört ja nur, wer den Kopfhörer absetzt. Die Gruppe um Heiko Brandenburger hat sich den Song gewünscht. Der Student der Medienwissenschaft ist von der Partyidee begeistert: "Wir sind mit tollen Leuten hier, es macht Spaß und ist auch noch umsonst", ruft er tanzend unter den Ohrpolstern hervor. Und "so viele Leute, die mitgrölen", höre man im Club sonst nicht.
Zufriedene Premierengäste - das freut auch Jürgen Backes vom Kulturbüro. Er hat die Idee aus einem Berliner Club mitgebracht. "Das ist die erste Silent Disco in der Großregion", sagt er. Das Projekt habe sein Team "in 14 Tagen aus dem Boden gestampft". Dafür sei die Resonanz "sehr gut". Für die Fortsetzungen, jeweils mittwochs, 7. und 14. Dezember (20 bis22 Uhr), hofft Backes auf "noch mehr Neugierige".

Extra: 2010 war der Versuch der Stadt, die Porta Nigra und ihren Vorplatz im Advent in festlichem Licht erstrahlen zu lassen, noch gescheitert. Dieses Jahr hat es geklappt: Seit Mittwochabend beleuchten zehn blaue Kegel (4,50 Meter hoch) und zwei Kugeln (Durchmesser zwei Meter) das Areal vor dem Römerbau. Die Installation soll Besuchern den Weg in den Innenhof des Simeonstifts weisen. Dort finden in den kommenden Wochen neben der Silent Disco weitere Veranstaltungen der Reihe "Winterliches Trier" statt, unter anderem Feuershows, Lesungen und Konzerte. cweb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort